1. Wie bist du zur Schiedsrichterei gekommen?
Ich hatte die Schiedsrichterei schon immer mit meinem starkem Bezug zum Fußball im Blick, habe dann mit meinem Freund Francisco darüber geredet und erfahren, dass er sich auch dafür begeistern kann. Dann haben wir uns in der Corona Pandemie aufgrund der einfachen und simplen Ausbildungsmethode- per Online Kurs- dazu entschlossen, uns der Sache anzunehmen und Schiedsrichter zu werden. Während dem Lehrgang merkten wir dann, wie wenig wir eigentlich regeltechnisch über den Fußball wissen und hatten viel Spaß beim Lernen der Regeln.
2. Spielst du selbst Fußball, oder hast du wegen deinem Schiedsrichterjob aufgehört – oder noch gar nicht gespielt?
Ich spiele selber aktiv Fußball, bei der U – 17 des SV Heidingsfeld, und bisher lassen sich beide Tätigkeiten gut unter einen Hut bringen, da ich samstags pfeife und sonntags selber die Schuhe schnüre. Außerdem trainiere ich noch nebenbei die U – 11 meines Vereins, wobei sich die Spiele oft mit den Schiedsrichterspielen überlagern, wo die letzteren den Vorzug erhalten. Dies kann ich machen, da ich als Trainer nicht alleine bin und wir eine Trainergruppe bilden.
3. Was fasziniert dich an dem Job „Schiedsrichter“?
Mich fasziniert vor allem die Autorität, die man hat, wenn man in Schiedsrichter Klamotten aus der Kabine kommt. Das ist etwas, das ich sonst in meinem Alltag nicht erlebe. Man wird (zumindest vor dem Spiel J) respektvoll und höflich von Trainern und Zuschauern behandelt und auch auf dem Platz steht was ich sage. Mich fasziniert auch, dass ich durch das Schiedsrichter Sein den Fußball aus einer anderen Perspektive sehe wie gewohnt. Was mir nach meinem ersten Spiel besonders auffiel ist, wie schwierig es doch in Wirklichkeit ist, so ein Spiel zu pfeifen und innerhalb von wenigen Sekunden die richtige Entscheidung zu treffen und sie auch, insbesondere durch Mimik und Gestik, selbstüberzeugt zu präsentieren. Was von der Tribüne so leicht aussieht ist in Wirklichkeit genau das Gegenteil, nämlich extremst schwer. Durch diese Tätigkeit verstehe ich den Fußball viel mehr und kann auch Entscheidungen im Fernsehen nachvollziehen. Als Schiedsrichter ist man auch sofort Teil einer Gemeinschaft, nämlich der der Schiedsrichter Gruppe (In meinem Fall Würzburg), wo man sich wohl fühlt und bei Fragen einen Ansprechpartner hat.
4. Wann hast du damit angefangen und in welchen Ligen bzw. Bereichen wirst du eingesetzt?
Aufgrund der Corona Pandemie durfte ich mein erstes offizielles Spiel knapp sieben Monate nach Bestehen der Prüfung, nämlich im September 2021, pfeifen. Seitdem wurde ich regelmäßig wöchentlich insbesondere in der D- und C- Jugend als Unparteiischer eingesetzt. Außerdem waren erste Einsätze als Assistent z.B. in der Herren Kreisliga geplant, die dann aber durch Corona ins Wasser fielen.
5. Wie war aus deiner Sicht der Lehrgang auf dem Weg zum Schiedsrichterschein und was musstest du dort alles machen?
Der Lehrgang, welcher aus 4 Videokonferenzen, eigenständigem Lernen und einer Abschlussprüfung bestand, hat Spaß gemacht und wurde toll gestaltet. Die Videokonferenz, an welcher alle Lehrlinge bayernweit teilnahmen, wurde abwechslungsreich gestaltet und dabei wurden einem eine Hand voll Regeln präsentiert und erklärt, welche man dann in der kommenden Woche eigenständig erlernen und vertiefen musste. Dies wiederholte sich für 4 Wochen, wobei am Ende der 4. Woche die Abschlussprüfung anstand, welche ebenfalls online war und wo 30 Regelfragen in Hinsicht auf persönliche Strafe und Spielfortsetzung beantwortet werden mussten. Der Lehrgang hat Spaß gemacht und war sehr informativ. Ich habe sehr viel neues über den Fußball kennengelernt und diesen dadurch auch besser verstanden. Der Lernaufwand war hierbei nicht all zu groß.
6. Wie bist du an dein erstes Spiel herangegangen? Warst du eher aufgeregt oder locker? Und wie lief das Spiel?
Vor meinem ersten Spiel war ich aufgeregt, es war aber eher eine Art positive Aufregung, weil ich mich auf das Spiel gefreut habe. Da mir am Tag davor aufgefallen ist, dass ich keine Uhr zum Zeit stoppen besitze, musste ich mir noch eine besorgen. Am folgenden Tag bin ich eine Stunde vor Anpfiff am Gelände angekommen und habe dort meinen Paten für das Spiel getroffen. Zusammen haben wir uns für das Spiel vorbereitet, indem er mir Tipps und Tricks für die kommende Aufgabe verriet. Als ich dann auf den Platz ging, war ich anfangs unsicher und pfiff viel zu laut vor Spielbeginn in meine Pfeife, sodass sich der Trainer der gegnerischen Mannschaft erschrocken zu mir umdrehte. Während der ersten Halbzeit probierte ich, mich in das Spiel reinzufinden und die empfohlenen Laufwege einigermaßen einzuhalten. Ich pfiff nur ein einziges Foul und der Trainer beschwerte sich während der ersten Hälfte schon mit „Schiri wenn du deine Pfeife vergessen hast kann ich dir eine bringen, ich habe noch eine im Auto liegen.“ In der Halbzeitpause unterhielt ich mich mit meinem Paten, der mir noch Tipps für die zweite Hälfte gab. In der zweiten Hälfte trat ich viel sicherer auf und traute mich auch, meine Pfeife zu benutzen. Nach der gelungenen zweiten Hälfte erhielt ich Lob von beiden Trainern und meinem Paten, was mich freute. Nach dem Umziehen war ich glücklich, mich für die Schiedsrichterei entschieden zu haben, weil ich merkte, dass mir dieses Hobby viel Spaß macht/ machen wird.
7. Gab es bisher auch schon knifflige Situationen bei Spielen oder im Umfeld?
Bisher liefen eigentlich alle Spiele reibunglos und ich ging immer mit einem guten Gefühl vom Feld. In meinem zweiten Spiel gab es eine Situation in der letzten Minute, wo die Heimmannschaft ein Foulspiel reklamierte, ich dieses nicht pfiff und daraus das entscheidende Tor für die Gegner fiel. Die Heimmannschaft protestierte, jedoch konnte ich diese beruhigen und anschließend beruhigten sich wieder alle und der Trainer gratulierte mir trotz allem zu einem gelungenen Spiel. Ich denke, diese Situation konnte ich vor allem durch meine selbstbewusste Haltung klären, da somit die Spieler sahen, dass für mich die Situation eindeutig war und ich mich nicht von meiner Entscheidung abbringen ließ.
In meinem letzten Spiel vor der Winterpause pfiff ich ebenfalls am Wochenende. Dort verteilte ich meine erste Verwarnung, welche an einen Trainer ging. In einem knappen Spiel beschwerte sich der Trainer in der 40. Minute über einen nichtgegebenen Einwurf und bezeichnete mich dann anschließend als arrogant, worauf ich ihm unter Beifall der Zuschauer die gelbe Karte zeigte. Nach dieser gelben Karte war ich die nächsten Minuten unsicher und überlegte dauerhaft, ob diese Entscheidung die richtige war. Nach knapp 10 Minuten konnte ich mit meiner Entscheidung im Kopf abschließen und verwarnte sogar noch einen Spieler am Ende des Spiels für das Wegschießen des Balles. Ich denke dadurch habe ich gelernt, dass man als Schiedsrichter schnell mit bereits passierten Situationen abschließen muss, um sich wieder auf die Gegenwart zu konzentrieren.
8. Was sind die größten Herausforderungen für dich, wenn du ein Spiel leitest?
Die größte Herausforderung für mich ist, jede Minute vom Spiel konzentriert zu sein und nicht nachlässig zu werden. Wenn man eine Situation nicht sieht sondern offensichtlich falsch bewertet, kann das Spiel schnell kippen und der „Arbeitstag“ ist futsch. Somit muss man sich 60-70 Minuten dauerhaft konzentrieren und probieren, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Autorität zu bekommen, ist sicherlich eine Herausforderung für einen jungen Schiedsrichter. Wenn der Trainer selber drei mal so alt ist wie man selbst, kann es sein, dass der Unparteiische seine Entscheidungen schwieriger durchbekommt. Jedoch hatte ich damit noch nicht so viel Probleme, was sicherlich auch an meiner Statur liegt (1,90m groß), welche mir etwas an Autorität verschafft.
9. Siehst du deinen Job als Schiedsrichter auch als Möglichkeit, dich persönlich weiterzuentwickeln?
Ja auf jeden Fall. Als Schiedsrichter musst du zuverlässig sein, da du immer hin für 22 + x Leute verantwortlich bist und ohne dich dass Spiel nicht los gehen kann. Dies hat mir vor allem in puncto Selbstorganisation geholfen, da man für sich organisieren muss, dass man alles einpackt, rechtzeitig losfährt und rechtzeitig ankommt. Das hilft einem schon enorm fürs private Leben.
Als Schiedsrichter muss man extrem viele Entscheidungen treffen. Kein Foul, Foul, direkter oder indirekter Freistoß, Verwarnung oder doch keine Karte? Aufgrund des häufigen Enscheidungsprozesses während eines Spiels ist mir selber aufgefallen, wie es mir leichter fällt, Entscheidungen abseits vom Platz zu treffen und dann auch Verantwortung für diese zu übernehmen, wie man es als Unparteiischer auch tut. Diese Entscheidungen dann auch rüberzubringen und mit enormer Überzeugung zu präsentieren, bringt einem viel fürs Leben.
Kritikfähigkeit ist eine Eigenschaft, die man als Schiedsrichter haben muss, da nicht nach jedem Spiel für einen applaudiert wird und man sich auch häufig anhören muss, dass man dies oder jenes falsch gepfiffen habe usw. Mit dieser Kritik umzugehen ist manchmal schwieriger und manchmal weniger schwierig, jedoch lernt man dadurch, mit negativen Kommentaren besser umzugehen. Das hat mir auch schon für mein eigenes Leben geholfen, da ich solche Kommentare besser ausblenden kann und konstruktive Kritik von sinnloser abtrenne.
10. Wenn ja, in welcher Form?
Oben beantwortet.
11. Ist die Kommunikation bei Spielen mit SpielerInnen, TrainerInnen oder ZuschauerInnen am schwierigsten?
Mit Trainern ist die Kommunikation vor dem Spiel kein Problem, während des Spiels nicht immer, auch insbesondere wegen meines jungen Alters. Hierbei muss ich mein Alter aber durch mein Auftreten und die Gestik ausgleichen, was oft gelingt. Mit Trainern hatte ich aber bisher beinahe keine Probleme und spätestens nach dem Spiel waren alle zufrieden. Mit Spielern ist die Kommunikation für mich bisher immer gut verlaufen. Wenn Spieler sich beschwert haben, kann man diese herholen, ihnen die Entscheidung erklären und klar machen, dass diese aufhören sollen zu protestieren. Dabei hilft, dass Spieler und Trainer in deiner direkten Entscheidungsgewalt stehen, d.h. man kann diese direkt ermahnen, verwarnen oder vom Feld schicken, was bei den Zuschauern nicht geht. Was ich selber noch nicht erfahren habe, aber schon oft gehört habe, ist, dass reinschreiende und sich beschwerende Zuschauer die nervigsten von den dreien sind, da diese sozusagen nicht mehr in deiner Entscheidungsgewalt stehen und man sie nicht von den Kommentaren abhalten kann.
12. Warum sollten auch deine Freunde oder Freundinnen unbedingt SchiedsrichterIn werden?
Meine Freunde sollten Schiedsrichter werden, da man dabei sehr viel Spaß hat, viel fürs Leben lernt und dabei sein Taschengeld aufbessern kann. Ich finde es gut, wenn viele Fans und auch Spieler zumindest für ein Spiel die Schuhe als Schiedsrichter schnüren, da man dabei merkt, wie anspruchsvoll der Schiedsrichter Job ist.
13. In der SR-Gruppe Haßberge bekommen JungschiedsrichterInnen „Paten“ zur Seite gestellt, die die JungschiedsrichterInnen bei den ersten Spielen begleiten und in der Pause sowie nach dem Spiel Dinge besprechen und analysieren. Gibt es das bei euch auch?
Ja bei uns ist das auch so, wir haben für unser erstes Spiel einen erfahrenen Schiedsrichter zur Seite gestellt bekommen, der uns mit den Formalien wie Spielbericht etc. geholfen hat und einem Tipps für das Spiel gegeben hat.
14. Wenn ja, wie findest du das? Hilft dir das weiter?
Ja, das hat mir viel geholfen, da ich beim Drumherum wie Spielbericht, Spesen etc. sicherer geworden bin und genau weiss, was ich machen muss. Die Tipps, die mir mein Pate gegeben hat, habe ich auch noch in meinem Kopf und versuche, diese nochmal vor einem Spiel durchzugehen. Das hat mir viel weitergeholfen, weil ich in meinem ersten Spiel auch die Sicherheit hatte, bei Unsicherheiten nochmal nachfragen zu können. Auch nach dem Spiel nochmal hören zu können, was ich gut gemacht habe und wo ich mich noch verbessern kann, war hilfreich.