FORCHHEIM. Vor genau 100 Jahren gründete sich die Schiedsrichter-Gruppe Forchheim. Grund genug, mit Benno Dorn aus Buckenhofen einen Blick zurück zu werfen. Der dienstälteste und immer noch aktive Mann in Schwarz weit und breit hat mit Hilfe seiner Ehefrau Monika die Geschichte seiner Kollegen auf dem Fußballplatz erforscht und auf mehr als 700 Seiten zusammengetragen.
Kurz nach dem Ersten Weltkrieg ist der Fußball in und um Forchheim noch eine vergleichsweise junge Sportart. Viele Vereine gibt es nicht, die dem runden Leder nachjagen. Und die es schaffen, eine Mannschaft aufzubieten, haben meist keinen Spieler mehr übrig, der den Schiedsrichter macht. Da auch der Verband in den unteren Ligen niemanden vorbeischickt, werden kurzerhand irgendwelche Zuschauer verpflichtet. Die sind oft weder besonders regelkundig, noch sind sie neutral genug. Es kommt zu Streitereien und Spielabbrüchen. Der Ärger ist auf allen Seiten groß.
Sieben Fußballfreunde fassen sich ein Herz und gründen im Herbst 1922 im Gasthaus Kaiserpfalz“ (Sattlertorstr. 24) eine Schiedsrichter-Vereinigung: Karl Dresel, Heinrich Freund, Villa Friedrich, Rudolf Meisel, Georg Sommerer, Sebastian Wetzel und Hans Müller-Schwarzer. Der Ort ist gut gewählt. Denn hier bei Wilhelm Grimm treffen sich nicht nur die Ringer des Athletenclub Bavaria, sondern auch die Sportler des ältesten Fußballclubs, der 1908 gegründeten Germania Forchheim. Im Nebenzimmer kann sich der Unparteiische nach den schweißtreibenden 90 Minuten umziehen und bekommt als „Lohn“ fürs Pfeifen Bier und Brotzeit.
Die Idee zieht ihre Kreise. Bald sind es schon 22 Schiedsrichter, die mit der Eisenbahn oder dem Fahrrad zu den Fußballspielen kommen. Ihre Expertise und Unparteilichkeit ist in der ganzen Umgebung gefragt. Der Aufschwung des Fußballsports während der Weimarer Republik bringt mehr und mehr Aufgaben mit sich. Die Männer in Schwarz haben viel zu tun. Auch als die Nationalsozialisten den Fußball gleichschalten und für Propaganda-Zwecke nutzen. Erst der Zweite Weltkrieg bringt den Sport beinahe zum Erliegen. Viele Fußballer, Zuschauer und auch Schiedsrichter müssen an die Front. Einige kehren nicht zurück.
Der Neuanfang beginnt unter US-amerikanischer Besatzung mit der Gründung vieler Sportvereine 1946. Auch Schiedsrichter werden wieder gebraucht, wenn es auch noch nicht so viele gibt, um auch die Wettkämpfe der Reserven und des Nachwuchses zu besetzen. Ab 1948 ist die von Ernst Seubert geführte Gastwirtschaft „Sieben Türme“ (Bamberger Str. 19) das Domizil. Hier bereiten sich auch Erich Brandner und Karl Fleckenstein auf ihre Einsätze als Linienrichter in der höchsten deutschen Liga, der Oberliga Süd vor. Etwa auf das Duell des 1. FC Nürnberg gegen Bayern München. Eine Bundesliga gibt es damals ja noch nicht.
Die Ausbildung sorgt im Laufe der 50-er Jahre für annähernd 60 Schiedsrichter. Fußball wird, nicht zuletzt durch den WM-Sieg 1954, zum Lieblingssport der Deutschen. Das schlägt sich auch bei den Referees nieder. Bald braucht es mit Erich Brandner sogar einen eigenen Lehrwart, so groß ist der Ansturm. Mitunter konkurriert man sogar um die Spielaufträge. Mit dem Wechsel ins Gasthaus „Weißes Lamm“ (Birkenfelderstr. 18) von Hans Lieb Anfang der 60-er Jahre hat man endlich den nötigen Platz für Sitzungen, Lehrgänge und Regelabende. 1969 erfährt man dort, dass es nun gelbe und rote Karten geben soll. 1972 wechselt man mit 87 Mitgliedern in den kleinen Saal der Jahn-Halle.
Anderen beim Fußballspielen zusehen reicht den Schiedsrichtern Ende der 60-er Jahre nicht mehr. Man bildet eigene Mannschaften und tritt in Hallenturnieren und Freundschaftsspielen gegen andere Schiris an. Die Hochzeit erlebt die Schiedsrichter-Gruppe ab 1977, als man in das gerade gebaute Sportheim Buckenhofen übersiedelt. Die geselligen Veranstaltungen wie Schafkopfrennen, Weihnachtsfeier, Winterwanderung, Spanferkelessen und die Busausflüge nach nah und fern sorgen für Zusammenhalt. Mitte der 80-er Jahre sind es mehr als 200 Mitglieder, für die Hans Kainer seit 1983 „Die Zeitung mit Pfiff“ herausgibt. Auch sportlich tut sich einiges. So werden Reinhard Hautmann und Benno Dorn als Linienrichter in der Bundesliga bzw. 2. Bundesliga eingesetzt. Die Zahl der Referees steigt zu Beginn des dritten Jahrtausends auf stolze 266. Eine von ihnen ist Janine Krebs aus Kersbach, die in der 2. Frauen-Bundesliga an der Seitenlinie steht. Freilich kann man nicht alles aus der 100-jährigen Geschichte berichten. Nur noch eines. Im Jubiläumsjahr werden vier Schiedsrichter für mehr als 50 Jahre an der Pfeife geehrt: Ehrenobmann Benno Dorn (Buckenhofen), Ehrenmitglied Josef Gold (Morschreuth), die noch immer auf dem Platz stehen, sowie Ehrenmitglied Alfred Weber (Aufseß) und Hans Schorr (Langensendelbach). UDO GÜLDNER
Obmänner:
1922-23 Hans Müller-Schwarzer
1923-28 Karl Dresel
1928-36 Rudolf Meisel
1936-44 Heinrich Freund
1944-46 Villa Friedrich
1946-48 Hans Friedrich
1949-55 Paul Konrad
1955-65 Otto Hiller
1965-66 Franz Gügel
1966-81 Walter Dewald
1981-85 Reinhard Hautmann
1985-97 Hans Kainer
1997-09 Benno Dorn
2009-2013 Hans Heckel
2013-jetzt Christoph Stühler