Hey, cool! Das war mal ein Interview! Ich wollte schon seit geraumer Zeit einen Talk mit unserem Bezirks-Schiedsrichterobmann Thomas Färber, aber aus ganz verschiedenen Gründen hatte das irgendwie nie geklappt. Nun bat ich gestern per WhatsApp um ein Telefonat in ganz anderer Angelegenheit (Erstellung des Journals 2023) und bekam zwei zeitliche Alternativen für den Rückruf, entweder ganz früh oder ganz spät, genauer gesagt entweder vor oder nach einem ganztägigen beruflichen Termin. Und so sprach ich – dank moderner Technik und Alexander Graham Bell –morgens um Sieben (wenn die Welt noch in Ordnung ist) von meinem Schreibtisch aus mit unserem BSO, der sich im Auto auf der Fahrt nach Nürnberg befand. Am Ende des kurzen Austausches zum Ablauf der Zusammenarbeit in Sachen Journal, fragte ich also noch nach einem Termin für besagtes Interview. „Können wir gleich auch machen“, war die für mich völlig unerwartete Antwort. Ich fühlte mich wie eine Lokomotive nach einer außerplanmäßigen Weichenstellung, hatte aber dieselbe Meinung wie Thomas: Was du heute kannst besorgen, … und heraus kam das „Interview à la surprise“:
Thomas Färber spielte bei seinem Heimatverein, der SpVgg Bärenkeller, bis zur B-Jugend. Ganz früh schon kam er auch zur Schiedsrichterei. Ein Arbeitskollege seines Vaters, Gerhard Mühlbauer von der SRV Augsburg, hatte eine wegweisende Frage gestellt: „Wär‘ das nichts für deinen Sohn?“ Und so begann für Thomas eine in verschiedener Hinsicht bemerkenswerte Laufbahn und für das Schiedsrichterwesen in Schwaben der Weg eines Spitzenfunktionärs. Der heute 42-Jährige machte mit 13 Jahren seine Schiedsrichterprüfung und durfte damals – weil Mindestalter: 14 Jahre - noch gar nicht pfeifen. Aber dann ging’s in ab in eine abwechslungsreiche und abenteuerliche Schiedsrichterkarriere.
Eine schnelle Entwicklung katapultierte ihn innerhalb von drei Jahren in die Bezirksliga, mit 18 durfte er Spiele in der Bayernliga pfeifen. Dort zeigte sich aber die mangelnde Erfahrung des jungen Mannes und er bekam nach eigener Aussage „das erste Mal Prügel“. Er ging für zwei Jahre zurück in die Landesliga, weitere Stationen waren erneut die Bayernliga, die Jugend-Bundesliga und die Regionalliga (damals noch DFB-Spielklasse); sechs Jahre war er Schiedsrichter-Assistent in der 2. Bundesliga und zwei Jahre in der 1. Bundesliga. Er stieg insgesamt zehnmal auf und dreimal ab, wobei gerade die Abstiege ihn in gewisser Weise stark gemacht haben.
Einmal stand er vor der Alternative: Schiri in der 3. Liga oder Assistent in der Bundesliga. Mit einem Lachen in der Stimme gibt Thomas zu: „Da ich mir meinen Kindertraum vom Bundesligaspieler schon nicht erfüllen konnte, war die Entscheidung nicht schwer!“ Aber alles hat seine Zeit. Zwei Jahre machte er, wie schon erwähnt, dann den Job in der Bundesliga, ehe andere Entwicklungen in den Mittelpunkt rückten. Der Beruf als Rechtsanwalt und die Familie forderten ihr Recht und er beendete nach 21 Jahren seine Zeit als aktiver Schiedsrichter. Heute war es aus seiner Sicht „eine wunderbare Entwicklung, in der tolle Menschen meinen Weg kreuzten, in der ich lehrreiche Situationen im Profi-Fußball erleben durfte und die mich reifen ließ.“
Erst jetzt kommen wir darauf zu sprechen, dass neben seinen aktiven Einsätzen bereits im Jahr 2000 auch seine Arbeit als Funktionär ihren Anfang nahm. Neben der tatkräftigen Unterstützung, die er immer von seinen Eltern hatte, begleitete ihn über lange Jahre der damalige Augsburger Obmann Wilfried Ostrowski, den er auch seinen „Schiri-Ziehvater“ nennt. Er beorderte Thomas ins Führungsteam, zuständig war der damals 19-Jährige für die „Zirbelnuss“, die bekannte Schiedsrichterzeitung der Gruppe. 2006 wurde er stellvertretender Obmann und betreute die Schiri-Leistungsklassen. Als 2014 sein Vorgänger Martin Meyer ins Bezirkssportgericht wechselte, übernahm Thomas die SRV Augsburg als Obmann und lenkte sieben Jahre die Geschichte der größten Gruppe in Schwaben. In dieser Zeit arbeitete er auch Kreis-Schiedsrichterobmann des Kreises Augsburg. 2021 wurde er zum BSO gewählt. Nebenbei war er von 2014 bis 2018 der U30-Vertreter im Bezirksausschuss, ein Amt, das seinen Horizont erweiterte, weil er hier auch die Sichtweise anderer Funktionäre zum Beispiel des Sportgerichts oder des Spielleiterbereichs kennenlernen konnte.
Nach so langen Jahren als Funktionär ist der heute in Lamerdingen beheimatete BSO dankbar für das Netzwerk, das er sich über all die Jahre aufbauen konnte. Neben seinem herausragend funktionierenden BSA weist er auf den Zusammenhalt und die erfreuliche Gesprächskultur innerhalb der zehn schwäbischen Schiedsrichtergruppen hin. Als Anlaufstellen nennt er auch den ehemaligen Augsburger Zweitliga-Schiedsrichter Georg Schalk und seinen „Konkurrenten und Freund“, den Bundesliga-Schiedsrichter Robert Hartmann. Als Thomas Beispiele für seinen guten Draht zu den Vereinen nennt und in diesem Zusammenhang von seiner Zeit als „Sturm-und-Drang-Manager“ der Schiedsrichter erzählt, muss ich schmunzeln, denn ich kann mir nur zum Beispiel Gespräche mit Persönlichkeiten wie Stefan Anderl vom FC Gundelfingen oder mit Karl Dirr vom SC Bubesheim lebhaft vorstellen.
Dass man trotzdem in der Sache von solchen Diskussionen profitiert, das zeigen laut der Meinung des BSO auch die Vereinsabende, die seit kurzem vom BSA durchgeführt werden. 90 Minuten ohne die auf dem Platz oft hinderlichen Emotionen miteinander sprechen zu können, öffnet den Blick auf die Position des anderen, im günstigsten Falle dient es sogar der Neulingsgewinnung.
Auf meine Frage nach den dringendsten Aufgaben des BSA im Jahr 2023, nennt Thomas als zentrale Themen eben diese Nachwuchsgewinnung, die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs, sprich die Besetzung aller Ligen mit einem Verbands-Schiedsrichter, und das Thema „Null Toleranz für Gewalt auf den Plätzen“. Große Brocken, die der Schiedsrichterbereich da zu stemmen hat. Daneben stehen Arbeitsbereiche wie die Qualifizierung junger talentierter und ambitionierter Leute, Maßnahmen wie Schiedsrichter-Leistungszentrum (SLZ), Nachwuchs-Leistungszentrum (NLZ), Stützpunkttreffen, Online-Schulungen für Beobachter oder Online-Seminare zu aktuellen Themen und Ereignissen.
Das alles ist nur zu schaffen mit einer fußballbegeisterten Frau. In diesem Fall hat es der BSO passgenau getroffen. Damals vor der Wahl hätte er ohne seine Marietta das Funktionärsdasein beendet. Die in Sachen Fußball kompetente ehemalige Landesliga-Schiedsrichterin und Assistentin in der Frauen-Bundesliga war auch als Lehrwartin in Neuburg und Augsburg tätig. Sie hat ihm zugeraten, als BSO zu kandidieren, managt jetzt die Familie mit drei Kindern und hält ihm den Rücken frei. Daneben kann sich der Vollblut-Schiedsrichter auf seinen BSA, in dem es auch menschlich passt, blind verlassen und setzt im Hinblick auf die oben bereits genannten Gruppenführungen ein Statement, dem nichts hinzu zu fügen ist: „Wir s i n d eine Schiedsrichter-Familie.“