Im entschlossenen Kampf gegen jedwede Form von Rassismus, Diskriminierung und Antisemitismus auf den Fußballplätzen im Freistaat kooperiert der Bayerische Fußball-Verband (BFV) fortan mit der Generalstaatsanwaltschaft München: Ungeachtet der sportgerichtlichen Aufarbeitung meldet der BFV Fälle von Tragweite auch an die Justiz weiter, die nach Prüfung eigene Strafverfahren anstrengen und damit auch Urteile vor ordentlichen Gerichten erwirken kann. Eine entsprechende Zusammenarbeit, die deutschlandweit einmalig ist, haben der Generalstaatsanwalt in München, Reinhard Röttle, und BFV-Präsident Christoph Kern jetzt offiziell in München besiegelt. Schirmherr ist mit Georg Eisenreich der Bayerische Staatsminister der Justiz.
„Die große Mehrheit der Spieler und Fans ist friedlich. In der Saison 2022/23 waren laut ‚DFB-Lagebild Amateurfußball‘ aber auch einige schwarze Schafe bei den insgesamt 185.281 digital erfassten Spielen unterwegs. Es wurden 315 Gewaltvorfälle und 196 Diskriminierungen in Bayern gemeldet. 87 Spiele mussten abgebrochen werden. In Fällen antisemitischer, rassistischer oder sonst menschenfeindlicher Straftaten muss der Rechtsstaat besonders genau hinschauen und konsequent vorgehen“, betont Justizminister Georg Eisenreich bei der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung.
„Wir fahren seit Jahren eine stringente Null-Toleranz-Politik und sanktionieren Vorfälle dieser Art hart und konsequent“, sagt BFV-Präsident Christoph Kern: „Die Sportgerichtsbarkeit stößt aber immer wieder an ihre Grenzen, wenn es darum geht, Täterinnen und Täter zu bestrafen. Das geht nur dann, wenn wir die Person auch kennen und sie Mitglied in einem unserer Vereine ist. Oftmals bleibt uns nur die Bestrafung des Vereins. Wir aber wollen gegen die Täterinnen und Täter vorgehen. Mit der jetzt geschlossenen Kooperationsvereinbarung sind wir einen großen Schritt weiter, fremdenfeindliche Angriffe auch strafrechtlich bewerten zu lassen!“
Für den Generalstaatsanwalt in München, Reinhard Röttle, steht fest, „dass Minderheiten in unserer Rechtsgemeinschaft des besonderen Schutzes aller staatlichen Organe bedürfen. Bei diskriminierenden Straftaten im Rahmen eines Fußballspiels darf die Last einer Strafanzeige nicht beim Geschädigten liegen. Die geschlossene Vereinbarung nimmt den Opfern diese Verantwortung ab“.
In der Saison 2023/24 hatten sich die BFV-Sportgerichte bislang mit insgesamt 28 Vorfällen zu beschäftigen, die unter den Diskriminierungs-Paragraphen 47(a) der Rechts- und Verfahrensordnung (RVO) fallen und der die Grundlage der jetzt geschlossenen Kooperation bildet. In der Spielzeit 2022/23 waren es insgesamt 40 Fälle. „Unsere Sportplätze sind kein rechtsfreier Raum. Wer sich bei uns menschenverachtend benimmt, hat keinen Platz in unserer Fußballfamilie. Deswegen ist es nur konsequent, dass wir im Rahmen unserer neuen Kooperation jetzt auf direktem Wege die Justiz einschalten“, betont Christoph Kern.
„Bayern nimmt mit dieser Kooperation bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Rechtsfreie Räume darf es weder in der digitalen Welt noch auf dem Platz geben. Mir ist wichtig, dass sich Fußballer und Fans bei den Spielen sicher fühlen. Die neue Kooperation leistet einen wichtigen Beitrag für das Sicherheitsgefühl der Menschen auf dem Fußballplatz“, sagt Staatsminister Georg Eisenreich.
Laut der Vereinbarung werden besonders schwere Fälle von Unsportlichkeit erfasst, insbesondere erhebliche Vorfälle von Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung.
Im Rahmen des Elektronischen Spielberichts (ESB) teilen in der Regel die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter die Vorfälle dem BFV mit. Eintragungen im ESB können alle am Spiel Beteiligten ebenso veranlassen, auch Anzeigen direkt bei den Sportgerichten sind möglich. Der für den rechtlichen Bereich zuständige Vizepräsident Reinhold Baier leitet sie nach Rücksprache mit der Generalstaatsanwaltschaft München (bzw. dem dort angesiedelten Zentralen Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Justiz) weiter. Je nach Schwere des Falles verbleiben sie bei der Generalstaatsanwaltschaft oder werden an die Staatsanwaltschaften vor Ort abgegeben.