Markus Giering ist beim mittelfränkischen Bezirksligisten 1. FC Kalchreuth nicht nur Mittelfeldmotor und Kapitän, sondern auch für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Dazu zählen natürlich auch die Social-Media-Kanäle des Vereins, die der 27-Jährige mit zwei seiner Teamkollegen – und vor allem mit viel Herzblut – betreut.
Im BFV-Interview spricht Giering, der 2019 vom Bayerischen Fußball-Verband (BFV) als „Fußballheld“ ausgezeichnet wurde, über die Bedeutung von Social Media für Amateurvereine und erläutert, worauf es ankommt, um erfolgreich bei Facebook, Instagram & Co. durchzustarten.
Markus, auf Instagram benutzt ihr den Hashtag #seriöserverein. Was hat es damit auf sich?
Markus Giering: Das ist eine ganz lustige Geschichte, denn der Hashtag ist vor ein paar Jahren mehr oder weniger durch Zufall beim Dreikönigsturnier in Gräfenberg entstanden. Wir haben damals ziemlich für Furore gesorgt und sind erst im Halbfinale im Siebenmeterschießen an den Amateuren des 1. FC Nürnberg gescheitert. Auf der Tribüne haben wir aufgeschnappt, dass jemand meinte, wir wären ein „seriöser Verein“. Das fanden wir witzig – und mittlerweile hat sich der Hashtag etabliert.
#seriöserverein ist also euer Alleinstellungsmerkmal?
Giering: Ja, so kann man das sagen. Wenn man bei Instagram nach #seriöserverein sucht, findet man quasi ausschließlich Inhalte zu unserem Verein. Der Hashtag hat sich durchgesetzt und ist in den Köpfen unserer Anhänger angekommen.
Welche Rolle spielen Hashtags denn auf Social Media?
Giering: Auf Instagram haben sie eine deutlich höhere Bedeutung als auf Facebook, denn dort werden sie einfach häufiger genutzt. Man muss trotzdem realistisch bleiben: Auf unserem Niveau steht bei Hashtags der lustige Aspekt im Vordergrund und weniger die Suchfunktion. Wir werden mit #seriöserverein sicherlich keine Menschen in anderen Ländern oder anderen Städten Deutschlands erreichen – der Hashtag dient dann doch eher dem Entertainment-Faktor.
Unabhängig vom Entertainment: Kommt ein Amateurverein in der heutigen Zeit noch an Social Media vorbei?
Giering: Wenn ein Verein so gut aufgestellt und etabliert ist, dass er keine Mitglieder-, Nachwuchs- oder Zuschauerprobleme hat, dann kann er vielleicht darauf verzichten. Wenn ein Klub jedoch mit der Zeit und über das Gemeindeblatt hinausgehen möchte, dann ist es aus meiner Sicht schon Pflicht, auf Social Media präsent zu sein.
Du sprichst grundlegende Problemfelder des Amateurfußballs an. Kann man hier mit Social Media tatsächlich entgegensteuern?
Giering: Social Media löst natürlich nicht von heute auf morgen alle Probleme. Man kann nicht erwarten, dass man sich bei Facebook und Instagram präsentiert und sofort melden sich 300 Kinder neu im Verein an. Aber es ist definitiv ein wichtiger Baustein. Es geht darum, die Bekanntheit des Klubs zu steigern. Das ist aus meiner Sicht einer der wichtigsten Punkte, um Menschen für den Verein zu gewinnen. Man muss sich ja nur anschauen, welche Personengruppe Social Media nutzt: Das sind vor allem jüngere Menschen.
Der 1. FC Kalchreuth präsentiert sich auf Facebook und Instagram. Sind das die beiden Plattformen, die ein Amateurverein bespielen sollte?
Giering: Das ist für mich die Basis, hängt aber auch von den Ressourcen innerhalb des Vereins ab. Denn: Social Media bedeutet Arbeit. Im Zweifel würde ich mich auf Instagram fokussieren, weil dort die Zielgruppe jünger ist als bei Facebook. Natürlich wäre auch eine Plattform wie TikTok sehr interessant, die ja stark im Kommen ist. Doch dafür braucht man viel Videomaterial und außerdem die Arbeitskraft, noch eine weitere Plattform zu betreuen. Das ist für einen Amateurverein kaum zu stemmen, wir sprechen hier schließlich ja von einem Ehrenamt.
Ihr seid auf Facebook und Instagram sehr erfolgreich, habt jeweils über 1200 Fans. Was ist euer Erfolgsgeheimnis?
Giering: Wir setzen zum einen auf ein einheitliches Look-and-feel. Wenn man auf unsere Seite kommt oder einen Post von uns sieht, soll auf den ersten Blick klar erkenntlich sein, dass es sich um einen Beitrag des 1. FC Kalchreuth handelt. Dazu nutzen wir das Grafik-Tool Canva, das in der Basis-Version kostenlos und sehr einfach zu bedienen ist. Wichtig ist auch Beständigkeit: Man braucht schon eine gewisse Frequenz, um den Leuten im Kopf zu bleiben. Es bringt nichts, nur alle drei bis vier Wochen mal etwas zu posten. Das ist zu wenig und macht es schwierig, Wachstum oder Interaktion zu generieren. Ganz entscheidend sind für uns auch Fotos. Wir haben dafür eine Vereinsfotografin, die uns nach jedem Spiel Bilder zur Verfügung stellt. Ich kann also jede Grafik mit aktuellen Spielbildern anreichern. Das ist für uns sicherlich ein Erfolgsfaktor, den man jedoch sicherlich nicht bei jedem Verein voraussetzen kann.
Du hast es angesprochen: Social Media bedeutet Arbeit. Wie organisiert ihr euch im Verein?
Giering: Wir sind vor gut sieben Jahren mit Facebook gestartet. Zu Beginn habe ich das alleine gemacht, jedoch schnell gemerkt, dass das sehr viel Arbeit ist. Mittlerweile sind wir auch bei Instagram und haben ein kleines Team aus Spielern der ersten Mannschaft, das die Social-Media-Kanäle betreut. Wir organisieren uns über eine WhatsApp-Gruppe und haben zudem einen Redaktionsplan, an dem wir uns orientieren und in dem wir festlegen, was wir wann posten wollen.
Welche Inhalte sind für euch relevant?
Giering: Wir haben feste Bausteine: Spielankündigungen, Ergebnis-Grafiken, Tabellen, Bildergalerien mit Fotos vom Spiel oder Geburtstagsglückwünsche an Spieler und Vereinsfunktionäre. Das reichern wir dann mit coolen Geschichten rund um unseren Verein an.
Hast du dafür ein Beispiel?
Giering: Im Sommer ist Jonas Dorn zu uns gewechselt, dessen Vater schon für den 1. FC Kalchreuth gespielt hat. Dazu haben wir ein Video produziert, das sehr gut angekommen ist. Allgemein bietet sich das Thema Transfers gut an. Den Wechsel von Dominik Hofmann zu Jahresbeginn haben wir zum Beispiel ein bisschen so verkauft, als wäre Lionel Messi nach Kalchreuth gekommen. Das ist natürlich etwas übertrieben und polarisiert auch ein wenig, doch wir machen das immer mit einem gewissen Augenzwinkern. So viel Aufwand muss es aber gar nicht immer sein, oft reicht auch schon eine einfache Zitatgrafik. Wir versuchen jedoch immer, die Personen in den Mittelpunkt zu stellen.
Personalisierung spielt also eine große Rolle?
Giering: Auf jeden Fall! Das Durchschnittsalter unserer Mannschaft liegt bei 22 oder 23 Jahren, das Team ist also sehr affin, was Social Media angeht. Die Jungs haben daher Lust, daran teilzuhaben, und gleichzeitig nutzen wir die Spieler auch als Multiplikatoren für unsere Inhalte. Dominik Hofmann hat mich zum Beispiel direkt nach seiner Vorstellung auf Instagram angerufen und mir gesagt, dass er sich sehr gefreut hat und auch seine Familie beeindruckt war. Oder wenn unser Stürmer zwei Tore geschossen hat und anschließend in Jubelpose auf unserer Ergebnis-Grafik zu sehen ist, dann freut ihn das.
Die Personalisierung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Spieler. Das Thema Wertschätzung spielt hier eine große Rolle. Deshalb stellen wir auch regelmäßig Funktionäre oder andere wichtige Personen rund um den Verein in den Mittelpunkt. Zum Beispiel unsere Fotografin, den Platzwart oder den Kassier, der seit 30 Jahren bei den Heimspielen im Kassenhäuschen sitzt. Diese Wertschätzung führt dazu, dass sich diese Leute noch mehr engagieren und auch dankbar sind, wenn man ihnen etwas zurückgibt. Gerade in der jetzigen Zeit ist das sehr wichtig.
Die Corona-Pandemie hat den Fußball lahmgelegt, über Spiele kann man aktuell leider nicht berichten. Welche Themen bieten sich stattdessen an?
Giering: Throwbacks, also Rückblicke, die schöne Erinnerungen wachrufen, sind eine gute Möglichkeit. Oder soziale Themen: Wir haben während der Corona-Zeit zum Beispiel Essen für unsere Vereinsgaststätte ausgefahren und darüber berichtet. Da gibt es viele Möglichkeiten. Wenn ich im Verein jemanden habe, der in der Pflege tätig ist, kann ich auch über diese Person berichten. Wichtig ist dann nur, dass es nicht zu politisch wird. Viele Vereine machen aktuell wenig bis gar nichts, so ist zumindest meine Beobachtung. Das ist auch okay, denn momentan gibt es sicherlich schwerwiegendere Probleme auf der Welt - da ist Bezirksligafußball eben nicht ganz so wichtig. Aber wenn man dennoch ein bisschen dran bleibt, dann profitierst du als Verein aus meiner Sicht schon. Das ist ein bisschen wie „Aus den Augen, aus dem Sinn“.
Ist ein guter Social-Media-Auftritt auch für Sponsoren interessant?
Giering: Prinzipiell schon. Wir haben zum Beispiel eine lokale Druckerei als Presenter für unsere Spieltagsgrafiken gewonnen. Man darf jedoch nicht erwarten, dass man damit große Geldmengen generiert, so ist es sicher nicht. Wenn uns der Partner jedoch kostenlos unsere Flyer für das nächste Sommerfest druckt, hilft uns das auch schon enorm weiter. In Zukunft wird die digitale Vermarktung aber immer wichtiger, da geht’s auch um das Thema Reichweite. Und die ist auf Social Media einfach größer als bei einer klassischen Bandenwerbung oder in der Vereinszeitung.
Zum Abschluss: Welchen Tipp würdest du einem Verein geben, der auf Social Media durchstarten will?
Giering: Wichtig ist vor allem Leidenschaft für den Verein. Denn man muss viel Herzblut und auch Zeit investieren, um als Amateurverein in den sozialen Medien erfolgreich zu sein. Außerdem braucht es Durchhaltevermögen, Geduld und natürlich Menschen mit einer gewissen Expertise. Und man darf keine Angst vor Fehlern haben, denn die passieren nun einmal. Im Zweifel sind Beiträge eben mal qualitativ nicht so hochwertig. Im Grunde hat man nichts zu verlieren, die Fallhöhe ist für einen Amateurverein ja sehr gering.