Der Münchner Felix Brych hat fast jeden Rekord geknackt, den man als Schiedsrichter knacken kann. Kein Unparteiischer hat so viele Spiele der Champions League geleitet (69), niemand hat mehr Endrundenpartien bei einem einzigen EM- oder WM-Turnier gepfiffen (fünf im Jahr 2021). Und jetzt darf sich der 48-Jährige über den nächsten historischen Meilenstein freuen.
Mit der Begegnung zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart pfeift Felix Brych am Samstag seine 344. Bundesligapartie und zieht mit dem bisherigen Rekordhalter Wolfgang Stark gleich. Nur drei DFB-Schiedsrichter überhaupt haben es in der Bundesligageschichte geschafft, mehr als 300 Partien zu leiten. Neben Stark und Brych kommt Markus Merk auf 338 Einsätze in Deutschlands höchster Spielklasse.
"Ich bin natürlich stolz, weil diese Zahl auch eine gewisse Langlebigkeit ausdrückt", sagt Felix Brych zur Bedeutung der Bestmarke. "Weil wir Schiris nie wirklich etwas gewinnen können, definieren wir uns eben über solche Rekorde. Ich hätte nicht erwartet, dass Wolfgangs Rekord jemals geknackt wird. Was er erreicht hat, ist genauso zu bewerten wie meine Leistung - egal, ob ich jetzt am Ende ein paar Spiele mehr haben werde."
Auf die Frage, wie es sich anfühlt, jetzt nach sechs Jahren eingeholt zu werden, antwortet Wolfgang Stark: "Mir war immer klar: Der Einzige, der diese Marke schaffen kann, ist Felix. Und als bekannt wurde, dass er auch über sein 48. Lebensjahr hinaus pfeifen wird, war das irgendwann absehbar. Ich denke, das wird auch von keinem anderen mehr erreicht werden. Das war nie eine Sache für die Ewigkeit und nun ist es eben so weit. Man muss auch bedenken, dass ich den Rekord nie aufgestellt hätte, wenn Markus Merk nicht ein Jahr früher aufgehört hätte mit sechs Spielen weniger."
Wehmut über den Verlust des Titels? Fehlanzeige. "Ich sehe das entspannt. Viele meinen, die Schiedsrichter seien untereinander ausschließlich Konkurrenten. Aber das ist totaler Käse. Jeder gönnt dem anderen den Erfolg und leidet auch am Fernseher mit. Wir haben ein tolles Miteinander", erklärt Stark.
Von Stark zu Brych - der Rekord bleibt jedenfalls im Bayerischen Fußball-Verband. Haben die Referees aus Bayern eine bessere Ausdauer? "Nein, das ist eher Zufall", vermuten Brych und Stark. Immer wieder haben sich ihre beiden Laufbahnen gekreuzt: Zwei Jahre lang stand Brych als Assistent an der Seitenlinie und unterstütze Wolfgang Stark. 2014 löste der Münchner den Landshuter als deutschen WM-Schiedsrichter ab. Auch nach Starks Karriereende als Aktiver gab es noch oft Berührungspunkte, beispielsweise als Coach und Beobachter bei mehreren Bundesliga-Spielen von Felix Brych.
Bei 344 Spielen gibt es unzählige Ereignisse. Für Brych "bleiben die Spiele besonders in Erinnerung, bei denen ein unglaublicher Druck auf dem Kessel war. Ich habe in den letzten fünf Jahren dreimal die Spiele gepfiffen, in denen mit dem HSV, Werder Bremen und zuletzt Hertha BSC drei große Vereine in die zweite Liga abgestiegen sind. In 20 Jahren hat man einiges erlebt, auch die Entwicklung der Bundesliga mitzuverfolgen, war sehr spannend."
Stark erinnert sich vor allem an das erste und das letzte Bundesliga-Spiel zurück. "Dazwischen hat es auch viele positive Erfahrungen gegeben, bei so manchem Spiel hätte ich mir - speziell in Dortmund - gewünscht, dass es schon damals den Video-Assistenten gegeben hätte, dann wäre da vielleicht auf dem Platz die ein oder andere Entscheidung korrigiert worden. Im Endeffekt überwiegen aber ganz klar die schönen Momente."
Ob der Rekord noch einmal eingestellt werden könnte, vermag Felix Brych nicht zu beurteilen: "Ich möchte gar nicht, dass meine Rekorde in Stein gemeißelt bleiben. Sie sollen eine Motivation für die nächsten Generationen darstellen. So wie mich Wolfgangs Rekord immer motiviert hat, körperlich und mental durchzuhalten. Und wenn mein Rekord dann irgendwann eingestellt werden sollte, werde ich genauso fair gratulieren wie Wolfgang."
Wie er sich jetzt weiter motiviert? "Die großen Ziele gehen mir zwar langsam aus. Aber jedes Spiel ist ein neues Ziel. Man hat ja auch eine Verantwortung den Vereinen gegenüber. Mir geht es gut, ich bin fit und voller Energie, mir macht das sehr viel Spaß. Novak Djokovic spielt ja auch noch Tennis, obwohl er schon alles gewonnen hat."