Carola Laun ist Expertin für Kinder- und Jugendmarketing und leitet Seminare zur verantwortungsvollen Ansprache junger Menschen. Am Rande der BFV-Jugendmitarbeiter*innen-Tagung in Bad Gögging haben wir mit der Gründerin des Kinder & Jugend Marketing Kontor über die „Jugend von heute“, die Rolle des Ehrenamts für die junge Generation und die Wichtigkeit von Teamsport für die Persönlichkeitsentwicklung gesprochen – und spannende Einblicke erhalten.
„Es gibt weder ‚die Kinder‘ noch die ‚die Jugendlichen von heute‘. Der Unterschied innerhalb der Generationen ist mindestens genauso groß wie die Unterschiede zwischen den Generationen. Kinder und Jugendliche sind ihren Eltern oft viel ähnlicher, als sie es anderen Kindern oder Jugendlichen aus anderen Milieus sind. Es gibt aber natürlich einige Unterschiede im Vergleich zu früheren Generationen: Heute haben alle ein Smartphone, die meisten bereits ab der dritten Klasse. Die Kinder und Jugendlichen haben das Weltwissen und ihre Freunde immer in der Hosentasche, Streamingdienste sind alltäglich, deswegen spielt auch das lineare Fernsehen bei Jugendlichen keine Rolle mehr. Darüber hinaus wachsen sie mit den gleichen gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen auf: Klimakrise, Ukrainekrieg, Ankunft von Flüchtlingen und mehr…“
„Gerade in der Kindheit und Jugend ist es sehr wertvoll, einem Team anzugehören, weil es die Persönlichkeitsentwicklung stärkt. Man lernt, wie es ist, dazuzugehören und entwickelt gleichzeitig die eigene Individualität. Aber Teamsport hat es heute schwerer, weil unsere Gesellschaft unverbindlicher wird und das Individuum an Bedeutung gewinnt. Kinder, Jugendliche und auch deren Eltern wünschen sich Flexibilität und sind nicht unbedingt darauf aus, sich an regelmäßige Termine zu binden. Und wenn man nie erfahren hat, wie wertvoll es ist, einem Team anzugehören, fehlt einem vielleicht auch nichts. Ich kann auch ins Fitnessstudio gehen, da habe ich vielleicht auch ein Gefühl von Gemeinschaft mit den anderen, die dort trainieren. Aber das ist natürlich etwas komplett anderes als ein echtes Team. Das ist die größte Herausforderung für Vereine: Den Zusammenhalt zu fördern und dafür zu sorgen, dass dieser weiterhin eine große Rolle im Leben und im Fußball spielt.“
„Früher gab es Fußball oder Feuerwehr, heutzutage gibt es wahnsinnig viele Sportarten, andere Angebote und tausende mögliche Nachmittagsaktivitäten. Daher wird es für Kinder und Jugendliche immer schwieriger, sich zu entscheiden. Hinzu kommt, dass die Verbindlichkeit in einem Verein und gerade beim Mannschaftssport, hoch ist. Das heißt, man muss zweimal die Woche zum Training und ist auch am Wochenende gebunden. Und nicht nur der oder die Fußballer*in, sondern die ganze Familie muss ihren Alltag um den Fußball herum organisieren. Das erfordert viel Engagement – von Kindern und Eltern. Außerdem beobachte ich, dass Vereine oftmals mehr als Zweckgemeinschaften angesehen werden. Kinder spielen in einem Verein, weil sie den Sport mögen, aber wenn sich in einem anderen Verein eine bessere Perspektive ergibt, ziehen sie weiter. Dabei wäre es gerade für Kinder und Jugendliche wichtig, früh echtes Zusammengehörigkeitsgefühl kennenzulernen. Das ist aus meiner Sicht der größte Vorteil von Vereinen und Mannschaftssportarten gegenüber anderen Sportarten. Ich würde mir wünschen, dass darauf wieder mehr Wert gelegt wird.“
„Hier gibt es aus meiner Sicht zwei Ansätze, die Vereine verfolgen können: Einerseits sollten sie auf das Zusammengehörigkeitsgefühl zu setzen und eine ‚gemeinsam können wir alles erreichen‘-Mentalität zu erzeugen. Andererseits können unverbindlichere Formate und offenere Angebote hinzukommen, um noch mehr Menschen anzusprechen. Diese beiden Herangehensweisen widersprechen sich zum Teil – trotzdem glaube ich, dass beides wichtig und richtig ist. “
„Es ist möglich, Jugendliche für ein Ehrenamt zu begeistern. Die allerwenigsten werden allerdings aktiv den Finger heben und sich selbst in den Mittelpunkt spielen. Vielmehr sollten Bezugspersonen auf sie zugehen und ihnen proaktiv Aufgaben anbieten – das weiß ich aus meiner eigenen ehrenamtlichen Tätigkeit im Sport. Wichtig ist es, die Jugendlichen nicht zu überfordern, indem man ihnen Aufgaben gibt, die jede Woche einige Stunden in Anspruch nehmen. Zum Einstieg bieten sich eher Aufgaben an, bei denen schnell kleine Erfolge sichtbar sind.“