Wie ticken die „jungen Menschen“? Welche Rolle spielt der Fußball in ihrem Leben? Womit verbringen sie ihre Zeit? Wie könnte die Zukunft des Kinder- und Jugendfußballs im Freistaat aussehen? Mit diesen Fragen haben sich rund 120 Jugend-Mitarbeiter*innen des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) bei ihrer Arbeitstagung unter Leitung von Verbands-Jugendleiter Florian Weißmann in Bad Gögging in spannenden Diskussionsrunden und interaktiven Workshops beschäftigt.
Zum Einstieg stimmte BFV-Präsident Christoph Kern die aus ganz Bayern angereisten Mitglieder des Verbands-Jugendausschusses, die Kreis- und Bezirks-Jugendleiter*innen sowie die Jugendmitarbeiter*innen auf die Tagung ein: „Ihr kümmert euch um eines der wichtigsten Themen, die wir im Verband überhaupt haben: unseren Nachwuchs! Unser Ziel als Verband ist es nicht, den nächsten Thomas Müller zu finden – ganz im Gegenteil. Wir müssen dafür sorgen, dass möglichst viele Kinder zum Fußball kommen und ihm dann im besten Fall lange erhalten bleiben, weil sie Spaß am Sport haben“, sagte der BFV-Präsident und betonte in seiner kurzen Ansprache auch die vielen Vorteile der Reformen im Kinderfußball, die in den Medien nach wie vor kontrovers diskutiert werden.
Seinem flammenden Plädoyer für die neuen Spielformen, die ab der Saison 2024/25 deutschlandweit verbindlich eingeführt werden und in Bayern seit langem erfolgreich erprobt wurden, ließ der BFV-Präsident noch ein großes Dankeschön folgen: „Ohne euch, unsere Jugendmitarbeiter*innen an der Basis können wir in München machen, was wir wollen. Ihr seid unsere Multiplikator*innen, unser direkter Draht zur Fußball-Basis und daher kann ich mich gar nicht genug für euer Engagement bedanken,“ sagte er. Nach einer kurzen Begrüßung von Verbands-Jugendleiter Florian Weißmann startete der erste Tag mit einem Vortrag von Carola Laun, Expertin für Kinder- und Jugendmarketing und Gründerin Kinder & Jugend Marketing Kontor. Laun berät Unternehmen und Organisationen zur richtigen Ansprache von Kindern und Jugendlichen und gab ihr Fachwissen nach ihrem Vortrag auch in den Workshops mit den Jugendmitarbeiter*innen weiter.
In ihrem Vortrag lieferte Carola Laun spannende Einblicke in die Lebenswelten der Generationen „Z“ und „alpha“: „Mannschaftssportarten haben es in der heutigen Zeit deutlich schwerer als noch vor einigen Jahren – früher gab es Fußball oder Feuerwehr, heute gibt es viel mehr Alternativen. Kinder und Jugendliche sind mit einer Vielzahl an Angeboten konfrontiert, die Zeiten sind schnelllebig und unverbindlicher. Neugierde spielt im Leben der jungen Generation eine große Rolle, die Jugendlichen wollen oft Neues ausprobieren und springen daher eher, als noch vorangegangene Generationen, von Hobby zu Hobby“, schilderte sie in ihrem Vortrag.
In den drauffolgenden Workshop-Phasen wurden unterschiedlichste Themen rund um den Spielbetrieb der Junior*innen im Freistaat behandelt und Verbesserungspotenziale für die Zukunft erarbeitet. Ein Punkt war die Vereinfachung von Prozessen im Spielbetrieb – die Jugendordnung, Sonderspielrechte und auch Pilotierungen sollen verschlankt und dadurch für Vereine und deren Ehrenamtliche verständlicher werden. „Mir war wichtig, dass wir Verständnis dafür entwickeln, wie die A-, B-, C- und D-Junioren von heute ticken und dass wir wissen, was die Jugendlichen von uns und vom Fußball erwarten, damit sie weiter am Ball bleiben. Der Vortrag von Carola Laun war für unser weiteres Wochenende sehr wichtig, damit wir einen Perspektivwechsel hinbekommen. Wir haben in unseren Jugendausschüssen auch einige U19-Spielerinnen und -Spieler, welche uns die Denkweise ihrer Generation näher bringen und Ideen mitentwickeln sollen,“ fasste Weißmann zusammen und fügte hinzu: „Die größte Herausforderung wird sein, die junge Generation, die deutlich individualisierter unterwegs ist als ihre Vorgängerinnen und -vorgänger vom Mannschaftssport zu überzeugen. Denn im Mannschaftssport bin ich immer abhängig von anderen und muss mich auf mein Team verlassen können.“ Eine Idee, wie das gelingen könnte, ist die Flexibilisierung des Spielbetriebs durch eine Kombination aus „normalem“ Spielbetrieb und neuen Events (z.B. Kleinfeldturniere) oder durch flexible Staffeln.
Außerdem diskutierten die Teilnehmer*innen die Idee, Kinder und Jugendliche durch leistungsgerechtere Angebote stärker an den Fußball zu binden – beispielsweise durch das Norweger Modell, den Minifußball, die Meldeligen und das Spielen in gemischten Teams. Aus dem Vortag von Carola Laun ging ebenfalls hervor, dass Kindern und Jugendlichen der Generationen „alpha“ und „Z“ Zeit mit ihrer Familie besonders wichtig ist. Auch diesen Gedanken griffen die Jugend-Mitarbeiter*innen in ihren Kleingruppen auf und entwickelten Konzepte, mithilfe derer Eltern und Kinder wieder stärker an den Verein gebunden werden können. „Wir müssen es schaffen, nicht nur die Jugendlichen, sondern auch ihre Eltern mitzunehmen. Ich frage mich: Muss diese ‚Gemeinschaft‘ zu Hause stattfinden? Warum kann ich das nicht in den Verein verlagern? Schließlich sind die ersten Vereine genau aus diesem Grund entstanden: Menschen wollten einen Ort schaffen, um sich zu treffen und gemeinsam etwas zu erleben. Darin sehe ich eine große Chance für Vereine und damit auch für den Fußball.“ Diese Einschätzung teilte auch Carola Laun: „Die großen Vorteile von Vereinen sind nach wie vor dieselben: Hier wird Gemeinschaft und Zusammenhalt gelebt. Ich wünsche mir, dass auf diese Werte auch weiterhin wert gelegt wird – gerade, weil Kinder und Jugendliche dort Halt finden und echtes Gemeinschaftsgefühl lernen.“