Kaum jemand in Bayern dürfte über so viel Erfahrung im Inklusionsfußball verfügen, wie Anargiros "Giri" Tsopouridis. Hauptberuflich begleitet er für die "Lebenshilfe Nürnberger Land" Menschen im Alltag für ein weitgehend selbstbestimmtes Leben. In seiner Freizeit dreht sich dann fast jede Sekunde um den Inklusionsfußball.
Tsopouridis baute beim SV Altensittenbach eine Inklusionsfußball-Mannschaft auf und organisierte erste lokale und auch überregionale Turnier. Im Sommer 2023 fusionierte sein SVA mit dem 1. FC Nürnberg, was die Betreuung, die Möglichkeiten und nicht zuletzt auch die öffentliche Wahrnehmung auf ein neues Niveau hob.
Im Interview spricht er über die Anfänge, seine Motivation, besondere Momente und Erlebnisse, die wohl nur der Inklusionsfußball bieten kann und die gesellschaftliche Bedeutung der Angebote für Menschen mit Behinderung. Und natürlich blickt er auch voller Vorfreude auf die Bayerische Inklusionsmeisterschaft, die der Bayerische Fußball-Verband (BFV) am Samstag, den 12. Oktober in Kooperation mit dem 1. FC Nürnberg ausrichtet.
… die Anfänge seines Engagements: "Es kam ein junger Mann auf mich zu, der meinte, dass er als kleiner Junge regelmäßig Fußball gespielt hatte. Doch mit 18 Jahren musste er aufhören, weil er keinen Verein mehr fand, wo er mitspielen konnte. Er fragte mich: Können wir da was machen? Das war der Startpunkt für die erste Inklusionsfußball-Mannschaft und wir kicken bis heute."
… die Herausforderungen als Trainer einer Inklusionsfußball-Mannschaft: "Einfühlungsvermögen und Flexibilität sind ganz wichtig. Es ist nicht möglich, wie bei einer klassischen Fußballmannschaft ein Training zu planen und dann einfach durchzuziehen, weil du nicht weißt, wie es den einzelnen Trainingsteilnehmern geht und was sie an diesem Tag leisten können. Das ist höchst individuell und da muss man sensibel agieren und darauf auch individuell reagieren. Da hilft mir natürlich mittlerweile meine Erfahrung. Neben den Menschen mit Behinderung gibt es dann ja auch noch die ohne Behinderung, denen das Training auch Spaß machen soll, die auch gefordert werden sollen. Es ist also schon eine große Herausforderung, aber es lohnt sich absolut."
… den Wert der Mannschaft für die Spieler*innen: "Da gibt es so viele Geschichten, da könnte ich drei Tage lang erzählen. Am Ende geht es immer um Teilhabe und Entwicklung für den einzelnen Menschen. Es ist einfach Wahnsinn, was es dem Einzelnen bedeutet, wenn der große Wunsch zu kicken oder auch einfach nur dabei zu sein, Realität wird. Oder ganz konkret: Wir haben natürlich auch ehrgeizige Spieler. Die wollen auch gewinnen, wenn sie auf dem Platz stehen, und da war es natürlich herausragend, dass wir im vergangenen Jahr die Bayerische Inklusionsfußball-Meisterschaft gewonnen haben."
… den Wunsch für die Zukunft: "Dass die Community immer weiter wächst und sich der Gemeinschaftsgedanke in der Gesellschaft immer mehr etabliert. Unsere Mannschaft ist ein tolle Gemeinschaft, in der sich jeder auf seine Weise einbringt. Wir haben die Spieler, die gewinnen wollen, andere wollen nur dabei sein oder einfach anfeuern. Aber alle gehören dazu. Und es ist schön zu sehen, wie sich alle Beteiligten und auch deren persönliches Umfeld und das gesamte Umfeld um die Mannschaft und den Verein entwickeln und der Gemeinschaftsgedanke in den Vordergrund rückt."