Auf der Suche nach neuen Leuten
Das größte Lob für einen Schiedsrichter ist es, wenn nach dem Spiel niemand über ihn spricht, heißt es oft. Schweigen als Zeichen der Anerkennung. Der Schiedsrichter leitet das Spiel, ohne selbst in den Mittelpunkt zu rücken, er ist auf dem Platz quasi unsichtbar. Doch immer weniger Menschen wollen Spiele pfeifen.
Ca. 150 Schiedsrichter leiten mindestens ein Spiel im ganzen Jahr, ein paar wenige über 80.
Der Rest der zurzeit 208 Männer und Frauen auf der Chamer Liste ist passiv. Der Älteste Kamerad wird 90 Jahre, aber auch jüngere Mitglieder gehören ohne Spielleitung u. a. aus Solidarität der Gruppe an.
In den beiden Pandemiejahren kamen die Chamer Männer an der Pfeife und Fahne trotzdem auf mehr als 3200 Spiele. Diese werden von den Einteilern Karl-Heinz Späth (Sonntag), Richard Kerscher und Jürgen Kraus (werktags) besetzt. Die Arbeit wird manchmal erschwert, „wenn kurzfristige Rückgaben aus persönlichen Gründen kommen oder eine höhere Ebene Chamer Schiedsrichter für sich beansprucht“, berichtet Obmann Späth.
Es wird zunehmend schwieriger, geeignete neue Leute zu finden, denn der Job ist nicht jedermanns Sache, obwohl es von außen ziemlich einfach aussieht.
Das wirkt sich aus, dass in der Vergangenheit auch im Chamer Bereich vereinzelt Spiele ohne neutralen Spielleiter stattfinden mussten. In solchen Fällen muss jemand vor Ort, in der Regel vom Heimverein, die Pfeife in die Hand nehmen und das Spiel leiten.
"Die Erfahrung zeigt, dass die Spieler froh sind, wenn ein geprüfter Schiedsrichter da ist", berichtet Späth, "weil sie sattelfest sind, was das Regelwerk anbelangt, und mit ihrer Erfahrung Ruhe in die Partie bringen."
Gerade bei den B-Klassen sind zumeist die älteren Kameraden auf dem Platz. „Sie werden halt auch immer älter und trauen sich dann diese Aufgabe nicht mehr zu“, berichtet Späth, wenn er wieder eine solche Nachricht bekommt.
Problematisch für die Gruppen zeigt sich, neu ausgebildete Schiedsrichter über einen längeren Zeitraum zu halten. Ist es der "Praxis-Schock", der viele in den ersten zwei Jahren ereilt?
Das liegt zum einen an falschen Erwartungen, zum anderen aber auch an den verbalen Attacken von Eltern, Spielern und Vereinsverantwortlichen.
„Man fährt nicht zu einem Spiel und muss sich auch noch von den Eltern anmaulen lassen, weil der Freistoß für ihr Kind vermeintlich nicht gepfiffen wurde“, fordert der Obmann mehr Zurückhaltung geraden gegenüber den ganz jungen Neuen.
Wer zu Beginn seines Daseins als Regelhüter allerdings öfter solche Erfahrungen sammelt, widmet sich schnell wieder angenehmeren Dingen des Lebens.
Damit die Situation nicht unbedingt schlechter werden wird, bietet der BFV wie auch die Chamer Gruppe wieder Neulingsausbildungen an.
„Online können Interessierte ab 20. Januar nach der Anmeldung auf der BFV Homepage den theoretischen Teil mit der Prüfung ablegen und müssen nur noch einmal den Praxisteil absolvieren“, wirbt Späth für Anwärter.
Geplant wird vorsorglich ein gruppeninterner Lehrgang, überwiegend in Präsenz, ab 5. März, sofern Corona keinen Strich durch die Rechnung macht.