Erinnerungen an damals
Als in der Nachkriegszeit das Überleben wichtiger war, sprießte trotzdem das zarte Pflänzchen Fußball. Die Leute suchten nach Abwechslung, die dann der Sportplatz brachte. Waren doch in den Zweitligazeiten des ASV Cham am Sportplatz an der Further Straße mehr als fünf Tausend Zuschauer regelmäßig anwesend und wenn mehr gekommen waren, musste auch ein Platz in den angrenzenden Bäumen ausreichen.
Kurz nach dem Krieg wurde auch die Schiedsrichtergruppe Cham im Jahr 1946 federführend durch den legendären Chamer Franz Lommer und Ernst Niehues gegründet. Dies ging aber nicht ohne die Zustimmung der amerikanischen Besatzungsmacht.
Die Vereine waren damals noch dünn gesät. Furth im Wald, Cham, Kötzting oder Waldmünchen stiegen Zug um Zug in den Spielbetrieb ein.
Lommer, Ehrenobmann der Chamer Zunft, war damals selbst aktiv und erzählte einmal vor den Chamer Schiedsrichtern, wie es in den fünfziger Jahren so ablief.
Er wohnte in Cham und bekam den Spielauftrag in Treffelstein. Ein Auto konnte sich damals kaum einer leisten, so dass mit dem Zug oder per Fahrrad angereist werden musste.
Lommer fuhr also mit dem Morgenzug nach Waldmünchen, wo er von den Treffelsteinern mit dem Lastwagen abgeholt wurde. Die Zeit bis zum Spielbeginn war noch lang, so dass der Kirchgang am Sonntag nicht auszufallen brauchte, für Franz Lommer halt in Treffelstein. Danach ging´s zum Mittagessen – Zeit war immer noch genug. Erst um zwei Uhr nachmittags erfolgte der Anpfiff. Nach dem Spiel wieder per Lastwagen zurück nach Waldmünchen und mit dem Abendzug in die Kreisstadt Cham zurück.
Zehn Stunden für ein Fußballspiel – Idealismus pur. Undenkbar in der heutigen, schnelllebigen Zeit?
Reiner Barth aus Roding, der dienstälteste Schiedsrichter der Chamer Gruppe mit fast 61 Jahren Zugehörigkeit zur Zunft, war in seinen besten Tagen ein erfolgreicher Bezirksliga-Schiri. Die Bezirksliga war damals die fünfte Spielklassenebene, heute ist es die Bayernliga.
Als junger Mann mit 18 Jahren legte 1960 die Schiri-Prüfung in Regensburg ab. Aufgrund seines Talents gelang ihm in kürzester Zeit der Sprung in die niederbayerische Bezirksliga mit Spielen in den damaligen Hochburgen in Passau, Vilshofen, Abensberg oder Neustadt/Donau.
Bedingt durch seinen Beruf bei der Bundeswehr, pfiff er Spiele vom Allgäu bis hin zur Ostsee, je nachdem wohin ihn sein Arbeitgeber versetzte.
Beruflich wurde er schließlich in Roding sesshaft und schloss sich der Gruppe Cham an. Auch in der Oberpfalz leitete Spiele in der Bezirksliga, wo damals bis Mitte der Siebziger Jahre noch die Assistenten von den örtlichen Schiedsrichtergruppen gestellt wurden.
Er musste alleine anreisen und bekam von der Schiedsrichtergruppe des Spielorts zwei Männer für die Linie zugeteilt. Oftmals kannte man sich gar nicht. Eine genaue Absprache war notwendig, damit alle den gleichen Kurs fahren. Im Gegensatz zur Gegenwart verabschiedete man sich nach dem Spiel und die Heimreise fand wiederum alleine statt, keine Möglichkeit das Spiel gemeinsam zu reflektieren.
Die Dichte mit Telefonen war damals noch gering, so dass alles per Postkarte ausgemacht werden musste. Die Spielaufträge kamen genauso mit einer Auftragskarte, damals frankiert mit einer Sieben-Pfennig-Marke und manchmal so knapp, so dass eine Rückgabe unmöglich war und der eingeteilte Schiri das Spiel trotz aller Hindernisse übernehmen musste.
Verglichen mit dem Ablauf heute, eine langwierige Angelegenheit. Dem Hobby Fußball waren die Menschen der damaligen Zeit genauso zugetan, nur viel genügsamer.
Auch wenn der Sportplatz kaum noch Rasen hatte oder das Feld schneebedeckt war und die warmen Umkleidekabinen damals noch fehlten. Die Idealisten gab es auch damals schon.