Südostoberbayern. Zu wenige Schiedsrichter für zu viele Spiele: In Bayern wird immer wieder vom Mangel an Unparteiischen gesprochen. Das kann auch Josef Kurzmeier bestätigen. Der 60-Jährige aus Ramerberg ist als Kreisschiedsrichter-Obmann für die Schiedsrichter-Gruppen Chiem, Inn und Ruperti verantwortlich. Der Heimatzeitung hat er erklärt, wie die Situation aktuell in der Region aussieht, was sich durch Corona verändert hat und wie wichtig eine enge Zusammenarbeit mit den Vereinen ist.
Herr Kurzmeier, vier Schiedsrichter innerhalb einer Familie wie in Töging. Ein Glücksfall, aber vermutlich auch die Ausnahme. Generell wird ja immer wieder vom Schiedsrichtermangel gesprochen…
Sepp Kurzmeier: Ja, das ist definitiv ein Glücksfall. Das gibt’s nicht so oft. Dass wir einfach zu wenige Unparteiische haben, muss ich leider bestätigen.
Können Sie das in Zahlen ausdrücken?
Sepp Kurzmeier: Im Kreis Inn/Salzach haben wir 450 aktive Schiedsrichter. Aber nur die Hälfte davon ist meistens tatsächlich einteilbar. Wegen Urlaub, Krankheit oder Verletzung. Und während der Saison müssen wir pro Woche Unparteiische für 300 bis 350 Spiele einplanen, zum Teil natürlich mit Assistenten. Wir haben Schiedsrichter, die auch mal fünf Begegnungen am Wochenende pfeifen. Ohne die würde es definitiv nicht klappen. Insgesamt ist die Zahl an Referees bei uns in den vergangenen vier Jahren zwar relativ stabil auf dem gleichen Niveau geblieben, aber es sind trotzdem zu wenige.
Inwiefern hat die Corona-Pandemie die Situation beeinflusst?
Sepp Kurzmeier: Dadurch sind Schiedsrichterhäufiger kurzfristig ausgefallen. Nicht nur, wenn es sie selbst erwischt hat, sondern auch, wenn im Umfeld jemand positiv war. Die Sicherheit geht vor. Es macht keinen Sinn zu pfeifen, wenn man sich dabei unwohl fühlt. Die Situation hat das Ganze auch für uns nicht vereinfacht. Zudem haben sich die Prioritäten teils verschoben. Durch die abgesagten Spiele hat der ein oder andere gesehen, dass es auch schön ist, wenn man nicht jedes Wochenende auf dem Fußballplatz steht. Das kann ich natürlich verstehen. Wir bedauern aber jeden Schiedsrichter, der aufhört. Was sich außerdem durch Corona verändert hat, ist, dass zum Beispiel die Neulingskurse seit zwei Jahren online stattfinden. Auch im Februar wird es wieder so eine Online-Veranstaltung geben, zu der Interessierte herzlich eingeladen sind.
Wie wichtig ist es, dass die Vereine dabei mithelfen, neue Schiedsrichter zu finden?
Sepp Kurzmeier: Das ist sehr wichtig. Die Vereins-Verantwortlichen kennen die Mitglieder am besten. Sie können einschätzen, wer dafür geeignet wäre, und wer Lust hat. Super wäre es, wenn jeder Verein eine Ansprechperson hat, die dann auch als Bindeglied zwischen dem Verein und uns fungiert. Die Klubs können sich immer bei uns melden. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass auch wir das alles ehrenamtlich machen und möglicherweise nicht immer sofort erreichbar sind. Einen Austausch, eine enge Zusammenarbeit mit allen Vereinen würde ich mir wünschen. Wir bieten zudem an, direkt zum Verein zu kommen und in einer Veranstaltung mögliche Schiedsrichteranwärter über alles zu informieren und dafür zu werben.
Schiedsrichter haben nicht immer den leichtesten Job. Vor allem, wenn es emotional wird. Weshalb würden Sie es dennoch empfehlen, sich für dieses Amt zu entscheiden?
Kurzmeier: Man lernt einfach fürs Leben, wird viel selbstbewusster, schließlich muss man mit 22 verschiedenen Charakteren auf dem Fußballplatz umgehen können. Natürlich geht es da manchmal etwas ruppig zu. Vor allem das Auftreten einiger Spieler, Offizieller und vor allem Zuschauer gegenüber dem Schiedsrichter ist nicht immer förderlich. Aber ich habe schon bei einigen eine tolle Entwicklung miterlebt. Besonders auch bei jungen Unparteiischen, die als Assistenten in der Kreisliga eingesetzt werden. Und auch das Gesellschaftliche darf man nicht vergessen. Dazu gehören die Lehrgänge, bei denen man sich untereinander austauschen kann, oder auch unsere gemeinsamen Ausflüge.
Interview: Das Interview führte Christina Aicher
Bericht + Bild: Trostberger Zeitung