Vater, Bruder, Sohn und Tochter Kis aus Töging: Ihre Passion ist das Pfeifen
Von Christina Aicher
Schiedsrichter Ladislau Kis, Assistenten Jennifer und Oliver Kis: Wer sich im September beim Spiel des TuS Bad Aibling gegen den FCGrünthal in der Fußball-Kreisliga 1 verwundert die Augen gerieben und vielleicht einen Druckfehler vermutet hat, der hat sich getäuscht. Denn zum ersten Mal hat das Vater-Sohn-Tochter-Trio aus Töging ein Match gemeinsam geleitet. Das hat vor allem Papa Ladislau gefreut, der seinen Nachwuchs mit dem Schiedsrichter-Fieber angesteckt hat. Und auch Bruder Lorincz ist seit ein paar Jahren begeisterter Referee. Seit 2000 lebt der Ungar Ladislau Kis, der in Rumänien aufgewachsen ist, in der Region. Zunächst war er in Waldkraiburg, ehe es ihn nach Töging verschlug. Für Fußball hat er sich schon immer interessiert, wie der 43-Jährige erzählt. Jahrelang hat er selbst gekickt, zuletzt beim FC Töging. Eine Knieverletzung hat ihn zum Aufhören gezwungen. Zudem war beziehungsweise ist er als Trainer verschiedener Altersklassen aktiv.
„Ich bin dann im Verein angesprochen worden, ob ich mich nicht als Schiedsrichter versuchen möchte“, so Kis. Das war 2015. Er besuchte den Neulingskurs und war begeistert. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil: „Es macht mir genauso viel Spaß wie das Fußballspielen selbst.“
Für den Töginger ging es dann schnell nach oben. Schon nach zwei Jahren durfte er Partien der Kreisliga leiten. „Ich kann mich noch an den Anruf erinnern, bei dem mir das verkündet wurde. Das hat mich schon sehr gefreut“, erinnert sich der Unparteiische. Mit der Begeisterung fürs Pfeifen hat er mittlerweile weitere Familienmitglieder angesteckt. Wie etwa seinen 32-jährigen Bruder Lorincz, der seit 2017 Schiedsrichter ist. Und auch seine Kinder Oliver (16 Jahre) und Jennifer (18), die ihn zuvor oft zu Spielen begleitet hatten, pfeifen seit ein paar Jahren. Sein Sohn bekam dafür als damals Zwölfjähriger eine Sondergenehmigung, weil man eigentlich erst ab einem Alter von 14 Jahren loslegen darf. Zudem ist Mama Katharina an Bord. „Sie hat uns dabei schon immer unterstützt und akzeptiert, dass wir so oft unterwegs sind. Ohne dem würde es nicht gehen“, betont Ladislau Kis. Dabei kam es durchaus schon mal vor, dass der Familienvater spontan ein gemeinsames Essen ausfallen lassen musste, weil ein anderer Unparteiischer ausfiel und der Töginger kurzerhand einsprang. Was aber ist das Faszinierende am Schiedsrichter-Amt? „Man kommt viel rum, lernt immer wieder neue Leute kennen“, meint zum Beispiel Lorincz Kis. „Es ist einfach immer spannend, jedes Spiel ist anders. Für mich ist der Fußball auch ein Beruhigungsmittel, um Stress abzubauen. So kann ich Motivation für die Arbeit sammeln“, schwärmt Ladislau Kis, der in einer Fabrik in Waldkraiburg arbeitet. „Das Schönste aber ist, wenn man nach dem Spiel positives Feedback bekommt.“ Zwar gehe es immer wieder emotional und verbal ruppig am Fußballplatz zu, „oft kommen dann aber Verantwortliche oder Spieler und entschuldigen sich für ihr Verhalten, sagen, dass es nicht so gemeint war“, erklärt der Töginger.
Ein Spiel ist ihm dennoch negativ in Erinnerung geblieben. Von einem Zuschauer wurde er beim Aufeinandertreffen zwischen Haiming und Zangberg/Ampfing beschimpft, „da waren schon üble Wörter dabei“, sagt der gebürtige Ungar. Drei Tage lang habe ihn das noch beschäftigt. „Da fragt man sich dann schon, warum man sich das antut. Aber ich habe einfach versucht, daran zu denken, dass es beim nächsten Spiel sicher besser wird. So war es dann auch.“ Eine Einstellung, die er auch seinen Kindern weitergeben wolle. Lieber erinnert sich Familie Kis sowieso an die positiven und lustigen Erlebnisse. „Ganz schön schwere Beine“ habe der Familienvater zum Beispiel gehabt, als er in einer Woche acht Begegnungen geleitet hat. „Vom Jugend-Pokalspiel bis zum Ligaspiel der Herren war alles mit dabei.“
Probleme, den Fußballplatz in Peterskirchen zu finden, hatte Bruder Lorincz. „Das Navi hat mich in die Ortsmitte geführt“, erzählt der 32- Jährige. Der Bolzplatz befindet sich aber am Ortsrand, der Weg dorthin ist versteckt hinter einem Waldstück. „Seitdem habe ich immer hingefunden“, sagt er und lacht. Von einem kuriosen Ereignis weiß Oliver zu berichten.
Bei einem Match sind nach zehn Minuten zwei Spieler zusammengestoßen, dafür wurde der Sanka gerufen – nicht der letzte Einsatz der Rettungssanitäter an diesem Tag und an diesem Ort: „Reichertsheim hat am Ende das 2:0 gemacht. Während des Jubelns lag plötzlich der Trainer verletzt am Boden. Dann ist der gleiche Sanka noch einmal gekommen“, erinnert sich der Fachlagerist in Ausbildung. Nicht ganz so viele Begegnungen wie erhofft konnte Schwester Jennifer bisher pfeifen. Der Grund: natürlich die CoronaPandemie. Aber von den bisherigen rund 20 Partien kann sie nur Positives berichten.
Auch wenn die Erzieherin in Ausbildung schon das ein oder andere Mal skeptisch empfangen wurde. „Als Frau wird man schon mal komisch angeschaut, aber das macht mir überhaupt nichts“, erklärt sie selbstbewusst. Mittlerweile hat die 18-Jährige auch schon in der Damen-Regionalliga assistiert. Ein „Highlight“, wie sie selbst sagt. „Da bin ich schon stolz“, betont Papa Ladislau
„Das Einzige, was ich bereue, ist, dass ich erst so spät angefangen habe“, meint der 43-Jährige. Aufgrund seines Alters darf er keine höherklassigen Begegnungen als Kreisliga-Spiele leiten. „Heute würde ich sogar das Pfeifen dem Fußballspielen vorziehen“, sagt er.
„Vielleicht schaffen es ja meine Kinder in noch höhere Ligen.“ Glücklich ist er darüber, dass er mit seinem Nachwuchs beziehungsweise mit seinem Bruder bereits gemeinsam auf dem Platz stand. Und dazu kann es durchaus noch ein paar Mal kommen – denn „ich pfeife so lange, bis ich nicht mehr laufen kann“.
Bild: Fußball-Schiris aus Leidenschaft: der Töginger Ladislau Kis (von rechts) mit Sohn Oliver, Tochter Jennifer und Bruder Lorincz. − Foto: Aicher
Bericht + Bild: Trostberger Zeitung / Christina Aicher