Rudi Scharlach vom FC Issing ist engagierter Jugendcoach und hat schon viele Kinderfußball-Festivals mit der BFV-Team-App organisiert. Sein Wissen im Umgang mit der BFV-Team-App stellt er als Schritt-für-Schritt-Anleitung gerne zur Verfügung. Über den Bayerischen Fußball-Verband (BFV) nun auch bayernweit: als Service von Trainer*innen für Trainer*innen. Im Interview erklärt der 46 Jahre alte Personalberater, für wen seine Anleitung gedacht ist, warum ihn die neuen Spielformen im Kinderfußball so begeistern und wie sich die Trainerrolle seiner Meinung nach wandelt.
Rudi, wie bist du Trainer beim FC Issing geworden?
Rudi Scharlach: „Man kann mich durchaus als den klassischen ‚Vater-Trainer‘ bezeichnen. Ich habe früher selbst Fußball gespielt und war auch als Schiedsrichter aktiv, bin nach einer Pause aber erst durch meinen Sohn wieder zum Fußball gekommen.“
Wie kam es dazu?
Scharlach: „Das ist eigentlich ganz einfach. Die F-Junioren-Mannschaft, in der auch mein Sohn gespielt hat, suchte Unterstützung. Ich habe den Posten dann übernommen. Jetzt bin ich seit rund zwei Jahren im Amt und mittlerweile ist aus der F-Jugend eine E-Jugend geworden. Parallel dazu habe ich beim Bayerischen Fußball-Verband die ‚C-Lizenz Kinder und Jugend‘ gemacht, die Kindertrainer-Ausbildung bei der Heidelberger Ballschule erworben und mich darüber hinaus intensiv mit dem Thema Kinderfußball auseinandergesetzt. Dabei habe ich für mich erkannt, dass ‚Fußball3‘ eine sehr sinnvolle Variante ist. Leider gab es in meiner Region zunächst aber niemanden, der in dieser Form Fußball für die Kids angeboten hat. Also habe ich das selbst in die Hand genommen und Minifußball-Festivals organisiert.“
Das Thema Minifußball und die Reformen im Kinderfußball haben in den vergangenen Wochen viel Aufmerksamkeit erfahren - sowohl positiv als auch negativ. Wie stehst du als E-Junioren-Coach dazu?
Scharlach: „Ich bin großer Fan des Minifußballs. Für mich gibt es keine Alternative zu den neuen Spielformen im Kinderfußball. In der E-Jugend spielen wir beispielsweise in der ein 'Fußball5 Pilotliga'. Hauptsächlich geht es mir darum, dass die Kids so spät wie möglich im klassischen Sieben-gegen-Sieben spielen, da dies meiner Ansicht nach vor allem für Grundschulkinder nicht altersgemäß ist.“
Das musst du uns erklären …
Scharlach: „Gerade in ländlichen Gebieten habe ich oft ein sehr heterogenes Leistungsniveau und es ist sehr schwierig, jedem Kind entsprechend seiner Leistung gerecht zu werden. Wenn ich immer sieben oder mehr gleichstarke Kinder hätte, wäre es einfacher möglich Sieben-gegen-Sieben zu spielen. Das ist aber nicht meine Realität und daher lernen die Kids in den kleineren Spielformen und in leistungshomogenen Teams viel mehr.“
Trainer und Mannschaftsverantwortliche können über die BFV-Team-App Festivals organisieren. Du hast nun eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für andere Trainerinnen und Trainer erstellt. Wie bist du darauf gekommen?
Scharlach: „Ich habe seit März 2023 knapp 20 Kinderfußball-Festivals mit der BFV-Team-App angelegt, würde also durchaus sagen, dass ich bereits Erfahrung im Umgang mit der App habe. Der BFV bietet bereits ein umfangreiches FAQ für die BFV-Team-App an, es gibt Videos, andere wichtige Hilfestellungen und auch den BFV-Support, der bei Problemen aus meiner Sicht relativ schnell reagiert und Lösungen findet. Allerdings wollte ich zusätzlich noch eine Anleitung speziell aus Trainersicht erstellen. Zuvor habe ich die Festivals per E-Mail oder WhatsApp auf die Beine gestellt, dann aber schnell gemerkt, dass das mit der BFV-Team-App deutlich einfacher ist. Sowohl für die Vereine als auch für mich als Ausrichter. Es ist viel transparenter, die Organisation ist einfacher, ich habe beispielswiese immer parat, welche Teams sich angemeldet haben, ob das Festival bereits ausgebucht ist oder noch freie Plätze verfügbar sind. Leider habe ich aber auch sehr schnell gemerkt, dass die Kenntnisse und Infos über die BFV-Team-App in den Vereinen sehr unterschiedlich sind. Während manche Klubs sich sehr gut auskennen, ist die App für andere Neuland. Wenn aber möglichst viele Mannschaften die BFV-Team-App nutzen, dann wird die Organisation der Spieltage viel einfacher. Daher habe ich versucht, meine bisherigen Erfahrungen, Tipps und Tricks in einem Dokument zusammenzufassen. Es richtet sich an Trainerinnen und Trainer, die zum ersten Mal ein Festival erstellen oder noch nicht ganz so sicher im Umgang mit der App sind. Natürlich besteht keine Garantie auf Vollständigkeit.“
Deiner Meinung braucht es also die BFV-Team-App, um Festivals und Mannschaften zu organisieren?
Scharlach: „Unbedingt. In Zeiten der Digitalisierung ist es sinnvoll als Verband eine solche App anzubieten. Das wird auch erwartet. Es gibt aber natürlich Unterschiede: Einige Menschen wollen mehr Leitplanken und eher in einem vorgegebenen Rahmenspielplan agieren, andere finden es gerade gut, dass der Verband hier mehr Raum zur Gestaltung gibt. “
Viele Trainerinnen und Trainer sehen im Organisieren der Festivals allerdings eine weitere Aufgabe auf sich zukommen. Haben sie da einen Punkt?
Scharlach: „Ja und nein. Das Amt des Trainers oder der Trainerin befindet sich meinem Verständnis nach im Wandel, sowohl pädagogisch als auch administrativ. Wir Trainer an der Basis sind immer mehr Organisatoren und weniger Fußball-Lehrende. Viele Trainerinnen und Trainer wollen aber ausschließlich ihr taktisches und spielerisches Wissen weitergeben. Das ist im Sieben-gegen-Sieben auch notwendig. Die Organisation des Spielbetriebs hat dabei bislang immer der BFV übernommen. Jetzt dreht sich das Ganze. Die Organisation übernimmt nicht mehr so stark der BFV, da die neuen Spielformen viel flexibler und unterschiedlicher sind. Aber auch in der Pädagogik ändert sich etwas.“
Was genau meinst du damit?
Scharlach: „Beim alten Spielmodell musste ich als Trainer zwingend Dinge erklären: Positionsspiel, taktisches Verhalten, Begriffe wie Pressing und Raumdeckung. Das ist für die Kids sehr komplex und bedarf Anweisungen. Beim ‚Fußball3‘ dagegen muss ich den Kindern inhaltlich nur wenig mit auf den Weg geben, weil sie intuitiv lernen. Meine Aufgabe als Coach ist es daher, einen attraktiven Rahmen für das Lernen zu gestalten. Kinder haben im Fußball3-Spiel vier einfache Optionen: dribbeln, zum Spieler links passen, zum Spieler rechts passen oder innerhalb der Torschusszone Schießen. Beim Sieben-gegen-Sieben tun sich viel mehr Optionen auf und man braucht als Kind jemanden, der einem sagt, was zu tun ist. Ich bezweifle, dass Kinder dadurch besser Fußballspielen lernen, sondern denke, dass das induktive Lernen in diesem Alter meist zu mehr Erfolg führt.“
Was treibt dich an, dich für den Minifußball zu engagieren?
Scharlach: „Ich möchte, dass mein Kind kind- und altersgerecht Fußballspielen darf. Dafür hänge ich mich rein und tue viel. Wenn als Nebeneffekt davon auch noch andere Trainer*innen und Kinder profitieren, freut mich das natürlich und zeigt mir, dass sich mein Engagement auch lohnt.“