Startschuss für „Ehrensache Sportplatz“ in Nürnberg: Im Zuge der neuen Haltungskampagne bündeln der 1. FC Nürnberg gemeinsam mit seinem Partner Sparkasse Nürnberg, dem Amateurfußballportal fussballn.de und dem Bayerischen Fußball-Verband (BFV) zwischen Januar und März ihre Kräfte, um für einen respektvolleren Umgang miteinander auf und neben dem Rasen zu werben. Kernpunkte und Ziele von „Ehrensache Sportplatz“ in Nürnberg sind die Erarbeitung einer „Sportplatz-Etikette“ und die Gewinnung neuer Schiedsrichter*innen, um dem Schiedsrichterschwund der vergangenen beiden Jahrzehnte entgegenzuwirken.
Die Zahlen im Schiedsrichterwesen sind alarmierend: Seit dem WM-Sommermärchen 2006 hat sich die Zahl aktiver Schiedsrichter*innen in Deutschland von knapp 80.000 auf 44.000 verringert. In Bayern sank die Zahl aktiver Schiedsrichter*innen seit der Jahrtausendwende um fast 30 Prozent. Hauptgrund dafür sind in erster Linie Anfeindungen durch Spieler*innen, Betreuer*innen, Fans und Zuschauer*innen auf Amateursportplätzen bis hoch in die 1. und 2. Bundesliga. Fast monatlich machen unerfreuliche Zwischenfälle in den Medien deutschlandweit Schlagzeilen. Die Tatsache, dass die meisten Schiedsrichter*innen ein Ehrenamt an der Pfeife ausüben, lässt diese Entwicklung noch bedenklicher erscheinen. Der 1. FC Nürnberg, die Sparkasse Nürnberg, das Amateurfußball-Portal fussballn.de, und der Bayerische Fußball-Verband mit der Schiedsrichtergruppe Nürnberg wollen mit „Ehrensache Sportplatz“ deutlich machen: „Schiris sind keine Pfeifen“!
„Wir haben Probleme im Nachwuchsbereich. Die Hälfte der Spiele in Bayern wird von Schiedsrichter*innen geleitet, die über 60 Jahre alt sind. Doch der Verband sind wir alle! Man muss sich also gemeinsam die Frage stellen: Wollen wir so miteinander umgehen?“, meint Sven Laumer, Vorsitzender des Verbands-Schiedsrichter-Ausschusses beim BFV. Auch die Schiedsrichtergruppe Nürnberg hat in den vergangenen Jahren mit einem starken Mitgliederschwund zu kämpfen: Im Kreis Nürnberg-Frankenhöhe reduzierte sich die Zahl aktiver Schiedsrichter*innen seit 2014 von 870 auf aktuell 621. Das entspricht einem Minus von 28,6 Prozent.
„Die Sparkasse Nürnberg steht für Werte wie Fairness und einen respektvollen Umgang miteinander und ist als langjähriger Partner von weit über 100 regionalen Breitensportvereinen aus Überzeugung einer der Initiatoren und Treiber der Kampagne Ehrensache Sportplatz“, sagt Benjamin Jung, Sportreferent der Sparkasse Nürnberg.
Die Kernthemen aller Einsendungen und Ergebnisse aus dem Runden Tisch werden dann in der „Sportplatz-Etikette“ festgehalten. Damit möchten Club, Sparkasse Nürnberg, fussballn.de und BFV allen am Fußball beteiligten Menschen in der Region ein Leitbild für einen fairen und respektvollen Umgang bei künftigen Fußballspielen geben – und sich gemeinschaftlich darauf verpflichten. Am 25. Januar 2023 geht es zur gemeinsamen, symbolischen Unterzeichnung der „Sportplatz-Etikette“ erneut ins ClubHaus.
Um dem starken Schiedsrichterschwund in den vergangenen beiden Jahrzehnten entgegenzuwirken, werden ein Schiedsrichter-Schnupperworkshop und ein Schiedsrichter-Sonderlehrgang unter dem Motto "Ran an die Pfeife“ zentraler Bestandteil von „Ehrensache Sportplatz“. Im einzigartigen Fußball-Ambiente des Club-Sportgeländes am Valznerweiher bieten wir allen Interessierten am 22. Januar 2023 einen Schiri-Schnupperworkshop an, bei dem man sich unverbindlich informieren und sogar selbst als Unparteiische(r) ausprobieren kann.
Wer nach dem Schnupperworkshop vom Schiedsrichterwesen begeistert ist oder sowieso schon länger mit dem Gedanken gespielt hat, sich zum/zur Schiedsrichter*in ausbilden zu lassen, kann sich über die Community-Plattform UnserClub.de zu einem hybriden Sonderlehrgang des BFV zwischen 4. und 18. Februar anmelden. Die normalerweise anfallenden Lehrgangsgebühren in Höhe von 50 Euro übernimmt die Sparkasse Nürnberg für alle Teilnehmer*innen des ClubCommunity-Schiri-Lehrgangs.
Weitere Infos zu „Ehrensache Sportplatz“ gibt es hier.
„Als langjähriger enger Begleiter des Amateurfußballs haben wir die Entwicklung im Schiedsrichterwesen direkt verfolgen können. Wir wollen mit der Kampagne unseren Beitrag leisten, Akteure im Fußball für ihre Rolle zu sensibilisieren und nachhaltig miteinander zu verbinden. Im Zusammenspiel mit unserem Partner Sparkasse Nürnberg, dem Club als großes Aushängeschild vor unserer Haustüre und dem BFV bündeln wir unsere Kräfte im Sinne des Sports“, so Marco Galuska, Inhaber von fussballn.de, zur Rolle seines Amateurfußballportals im Rahmen der Kampagne, aus der auch erstmals das Produkt einer „Sportplatz-Etikette“ hervorgehen wird.
In zwei Gesprächsrunden wurden bei der Auftaktveranstaltung im Nürnberger ClubHaus von „Ehrensache Sportplatz“ die unterschiedlichen Perspektiven im Amateur- und Profifußball an einen Runden Tisch gebracht: Schiris, Trainer*innen, Spieler*innen, Funktionäre und Fans. Gemeinsam wurden die Probleme im Umgang miteinander auf und neben dem Sportplatz identifiziert und diskutiert. Die Schiris gaben den „Anpfiff“: Kenny Abieba, 24-jähriger Regionalliga-Schiedsrichter des KSD Hajduk Nürnberg, hob hervor: „Eine gepflegte Kommunikation hilft viel: Es muss ein Miteinander und kein Gegeneinander am Sportplatz sein!“ Hermann Hempel, Schiedsrichter-Urgestein des TSV Johannis 1883 Nürnberg, warb für mehr Verständnis für Schiedsrichter und ergänzte: „Die Mannschaften müssen sich ebenfalls sportlich verhalten. Wir sitzen alle im gleichen Boot! Der Schiedsrichter gibt sein Bestes, aber er hat in den unteren Ligen keine technische und personelle Hilfe. In der Kreisklasse pfeift ein Kreisklassen-Schiri, das berücksichtigen Zuschauer und Spieler leider meist nicht.“ Angelika Söder, FIFA-Schiedsrichterin für den TSV Ochenbruck, betonte jedoch gleichwohl: „Vieles kommt beim Fußball aus der Emotion heraus. Das muss man als Schiri auch einzuschätzen wissen.“
Spieler und Vereine nahmen in der zweiten Gesprächsrunde „den Ball auf“: Ugur Cankaya, Vorstandsmitglied vom SV Eyüp Sultan Nürnberg und Jugendtrainer beim Post SV Nürnberg, betont im Hinblick auf ein respektvolles und faires Miteinander auf dem Sportplatz vor allem die Fähigkeit zur Selbstreflexion: „Das eigene Auftreten ist wichtig: So wie man in den Wald hineinruft, schallt es auch wieder heraus!“ Auch Dieter Frey, Leiter Strategie und Ausbildung U16 bis U19 des NLZ beim 1. FC Nürnberg und langjähriger Bundesliga-Profi, nahm an der Diskussion teil und drückte ein Gefühl aus, dass viele Aktive, Betreuer*innen und Fans seit Jahren umtreibt: „Diskussionen auf dem Platz nerven uns alle, das will eigentlich keiner mehr sehen. Wir müssen uns mehr trauen, Grenzen zu setzen.“ Felix Steinbach, Anwalt für Sportrecht und Fußball-Abteilungsleiter des TSV Falkenheim Nürnberg, machte deutlich: „Schiris sind Bestandteil des Spiels und der Sportplatz ist kein rechtsfreier Raum!“
Auch der BFV-Kreisvorsitzende Nürnberg/Frankenhöhe Thomas Raßbach sowie Club-Aufsichtsrätin Sandra Hummel ließen sich die Diskussionsrunde als interessierte Zuhörer*innen nicht entgehen. Trotz vieler guter Ansätze und Vorschläge, ist die Ideensammlung für die Sportplatz-Etikette keineswegs abgeschlossen. Die Initiatoren von Ehrensache Sportplatz rufen alle am Fußball beteiligten Menschen auf, sich bis 22.01.2023 aktiv in die Erstellung eines gemeinsamen „Regelwerks neben dem Regelwerk“ einzubringen. Wer sich beteiligen möchte, kann das unkompliziert per E-Mail an unserclub@fcn.de tun.