Die Frauenfußball-Abteilung des FC Bayern München arbeitet im Nachwuchsbereich ab sofort mit dem 1. FC Passau zusammen. "Ziel der Kooperation ist die Förderung junger Spielerinnen", teilte der FCB mit. Was aber verspricht sich der Traditionsklub aus Niederbayern von der Zusammenarbeit mit dem FC Bayern?
Klar ist: Den Talenten aus der Region Passau – rund 180 Kilometer von der bayerischen Landeshauptstadt entfernt – soll durch die Zusammenarbeit ermöglicht werden, künftig höherklassig Fußball spielen zu können, ohne gleich an einen weit entfernten Standort umziehen zu müssen.
"Nicht zuletzt an der Entfernung nach München ist in der Vergangenheit schon der eine oder andere Wechsel aus unserer Region zum FC Bayern gescheitert", sagt Walter Schraml (62), der beim 1. FC Passau schon seit Jahren die Frauen- und Mädchenfußballabteilung leitet. "Durch die Kooperation können die Spielerinnen zunächst in ihrem gewohnten Umfeld bleiben, aber dennoch genau beobachtet und vor allem gezielt gefördert werden."
Deshalb bietet der 1. FC Passau, dessen erste Frauenmannschaft aktuell in der sechstklassigen Bezirksoberliga Niederbayern an den Start geht, in Abstimmung mit dem FC Bayern künftig einmal pro Woche ein spezielles Fördertraining für talentierte Spielerinnen der Jahrgänge 2008 bis 2011 an. Das Besondere daran: An diesen Einheiten, die von hochqualifizierten Trainerinnen und Trainern geleitet werden, können nicht nur Mitglieder der vereinseigenen Mädchenmannschaften von der U13 bis zur U17 teilnehmen, sondern auch Spielerinnen anderer Vereine aus dem Umkreis, die entweder durch das Scouting des 1. FC Passau in der Region aufgefallen sind oder auch vom FC Bayern vorgeschlagen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie bereits in reinen Mädchen- oder auch noch in Junioren-Teams gemeinsam mit den Jungs kicken.
Immer wieder werden auch regelmäßige Trainingseinheiten gemeinsam mit Bayern-Trainer*innen oder -Spielerinnen in Passau stattfinden, um die Fortschritte und die weitere Entwicklung der Talente verfolgen zu können. Im Gegenzug werden die talentiertesten Spielerinnen die Chance bekommen, ein Probetraining in München zu absolvieren.
Auch im Bereich der Trainerausbildung will Bayern München die Zusammenarbeit mit dem Verein aus Niederbayern weiter forcieren. So werden Trainer des 1. FC Passau die Möglichkeit erhalten, am FC Bayern Campus bei verschiedenen Teams zu hospitieren und auch an gemeinsamen Fortbildungen teilzunehmen. Auch Vergleichsspiele und weitere gegenseitige Besuche, beispielsweise auch zu Heimspielen der FC Bayern-Frauen in der Google Pixel Frauen-Bundesliga, sind geplant. Indem sie den zahlreichen FCB-Nationalspielerinnen als Vorbilder nacheifern möchten, sollen die Mädchen noch stärker für den Fußball begeistert werden.
Doch wie kam es überhaupt zum Kontakt zwischen beiden Klubs? "Tatsächlich ist der FC Bayern zunächst auf uns zugekommen", berichtet Walter Schraml nicht ohne Stolz. "In den zurückliegenden vier Jahren haben wir mit unseren U15- oder U17-Teams im Winter dreimal die Bayerische Meisterschaft im Futsal gewonnen und dabei jeweils auch den FC Bayern hinter uns gelassen. Dadurch konnten wir auf uns aufmerksam machen", so Schraml.
Der Funktionär, der einst durch seine Tochter Luise zum Fußball und zum 1. FC Passau kam, wertet allein schon das Interesse des FC Bayern an einer Zusammenarbeit als "große Wertschätzung" für seinen Verein, der rund 600 Mitgliedern eine sportliche Heimat bietet. "Diese Zusammenarbeit ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit und gleichzeitig auch eine riesige Motivation für uns, im besten Fall noch mehr Mädchen für den Fußball begeistern und auf ihrem Weg begleiten zu können", betont Walter Schraml.
Im besten Fall läuft es dann wie bei U17-Nationalspielerin Emma Memminger, die früher für den 1. FC Passau und die benachbarte DJK Vornbach am Ball war, ehe sie vom FC Bayern gesichtet wurde. Inzwischen gehört die 17 Jahre alte Linksverteidigerin zum U20-Aufgebot von Eintracht Frankfurt und könnte in dieser Saison unter Trainerin Friederike Kromp, die früher auch für den Bayerischen Fußball-Verband (BFV) und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) tätig war, ihr Debüt in der 2. Frauen-Bundesliga geben.
Der 1. FC Passau freut sich aber im Rahmen der Kooperation mit dem FC Bayern München nicht nur über Toptalente, sondern auch über jede Spielerin, die vielleicht durch das Fördertraining noch mehr Freude am Fußball findet und früher oder später die Teams des Amateurvereins verstärkt. "Wir sind überzeugt, dass die Zusammenarbeit für alle Beteiligten zu einer echten Win-Win-Situation werden kann", erklärt Abteilungsleiter Walter Schraml.
Autor: Ralf Debat/MSPW