Es läuft: Fußball, ohne zu rennen! Was im ersten Moment absurd klingt, hat sich als eigene Disziplin etabliert, und ist dem Laufen lernen längst entwachsen: Walking Football, zu Deutsch „Geh-Fußball“. 2011 vom englischen Verein FC Chesterfield Community ins Leben gerufen, findet der Fußball für Senior*innen, bei dem weder gerannt noch geköpft, geschweige denn gefoult werden darf, auch in Bayern immer mehr Anhänger*innen. Der Bayerische Fußball-Verband (BFV) hat das Thema seit 2018 auf der Agenda und entwickelt ein ganzheitliches Konzept – dabei setzt der Verband auch auf die Expertise des 1. FC Nürnberg, der in Bayern Vorreiter der neuen Fußball-Variante ist und Vorbild für weitere Vereine sein kann. „Wir beim Bayerischen Fußball-Verband wollen älteren Menschen die Möglichkeit geben, aktiv zu bleiben, weiter am Ball zu sein und etwas für ihre Gesundheit zu tun. Und im Umkehrschluss ist das die Chance für unsere Vereine, auch die ältere Generation buchstäblich zu bewegen, sie an die Vereine zu binden und womöglich auch, neue Zielgruppen konsequent zu erschließen“, erklärt Verbands-Spielleiter Josef Janker, der alle Interessierten dazu aufruft, sich zu melden.
Wie es gehen kann, zeigt der Club am Valznerweiher: Seit mittlerweile dreieinhalb Jahren stellt der 1. FC Nürnberg eine Walking-Football-Mannschaft und gilt damit als Wegbereiter in Sachen Walking Football im Freistaat. Zu verdanken haben die Franken das auch dem 71 Jahre alten Gerd Bauer, der in den Niederlanden zum ersten Mal mit Walking Football in Berührung gekommen war und zurück in seiner Heimat Werbung bei seinen ehemaligen Mitspielern für die „neue“ Sportart machte. Immer montags um 11 Uhr kommen die Männer zwischen 55 und 80 Jahren seither auf dem Club-Trainingsgelände am Valznerweiher zusammen und spielen im „Sechs-gegen-Sechs“ auf Mini-Tore. Im Gehen versteht sich. Die meisten Akteure, ehemalige Fußballprofis, unter ihnen FCN-Meisterspieler, oder Altherren-Kicker, wollen auch im hohen Alter ihre Passion, den Fußball, nicht missen. „Ein Fuß muss immer den Boden berühren, Tore zählen nur ab der Mittellinie – und es gibt kein Abseits“, erklärt Teammanager Benno Rupprecht (69) die wichtigsten Grundsätze.
Beim Walking Football steht nicht der Erfolg an erster Stelle, vielmehr sind es die Gesundheit und das Gemeinschaftsgefühl auch im Alter beim Kicken in der Gruppe. Die sanftere Spielweise mindert das Verletzungsrisiko, zeitgleich werden die Gelenke geschont, sodass auch Spieler*innen mit dabei sein können, die schon die ein oder andere Operation an Meniskus, Hüfte oder Herz hinter sich haben. „Es geht letztlich darum, sich zu bewegen – und das regelmäßig in einer Gruppe mit Gleichgesinnten“, betont der ehemalige Nürnberg-Profi Hugo Faul und ergänzt: „Wir genießen es, morgens zu trainieren und danach zusammenzusitzen und uns über die Themen der Welt zu unterhalten.“ Womit der 70-Jährige einen weiteren positiven Aspekt von Walking Football beleuchtet: Die zunehmende Vereinsamung von Menschen in einer immer älter werdenden Gesellschaft zu verhindern. Dies ist zugleich das oberste Ziel der Senioren-Kicker, wie Faul erklärt: „Man muss Brücken bauen, damit Leute wieder auf den Rasen zurückfinden, die bereits die Schuhe an den Nagel gehängt haben.“
Und auch da kommt der Bayerische Fußball-Verband als Partner für den Club ins Spiel. „Uns erreichen immer mehr Anfragen von Vereinen, die sich für Walking Football interessieren“, sagt Verbands-Spielleiter Josef Janker. Auch beim 1. FC Nürnberg sieht das nicht anders aus. So kam der Kontakt zu Nürnbergs Teammanager Benno Rupprecht zustande: „Wir haben gemerkt, dass wir uns ohne den Verband verdammt schwertun.“ In gemeinsamen Gesprächen zwischen Club-Verantwortlichen und dem BFV wurden nun bisherige Erfahrungen ausgetauscht und Zukunftsstrategien zur weiteren Verbreitung von Walking Football in Bayern entwickelt. So soll es ab dem kommenden Verbandstag etwa eine eigens zuständige Person für Präventionssport beim BFV geben, die sich auch um Walking Football kümmert. „Unsere Aufgabe ist es, die Vorteile aufzuzeigen und Vereine und Interessierte mit auf die Reise zu nehmen. Da hilft uns bei der Umsetzung auch der 1. FC Nürnberg, der weiß, was alles zu beachten ist und wie sich Walking Football dort etabliert hat. Mit diesem Paradebeispiel können wir in der Praxis zeigen, wie es funktionieren kann. So planen wir einen Aktionstag inklusive Trainingseinheit für interessierte Vereinsvertreter“, blickt Josef Janker voraus und ergänzt: „Wir können uns beispielsweise vorstellen, auch bayernweite Spieltage anzubieten – natürlich nicht Wochenende für Wochenende, aber in regelmäßigen Abständen. Wir haben immer offene Ohren und geben Hilfestellungen, da ist es von großem Vorteil, einen Partner wie den Club an der Seite zu haben. Gemeinsam sollte es uns gelingen, Walking Football in Bayern in die Fläche zu bringen.“ Es beginnt also zu laufen…
Interessierte haben bereits am Samstag, 14. Mai 2022, die Chance, sich einen ersten Eindruck vom Geh-Fußball zu machen. Im Rahmen des Fanfestes rund um das Zweitliga-Finale zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem FC Schalke 04 wird ein Walking Football-Turnier auf dem Trainingsgelände des FCN stattfinden. Dann gilt für alle begeisterten Standfußballer*innen: „You’ll never walk alone“!
Weitere Infos rund um das Walking Football-Turnier sowie der Walking Football-Mannschaft des Club und Kontaktdaten zu Ansprechpartnern, findest du auch auf der sozialen Community-Plattform des 1. FC Nürnberg.