Sieben Tore in acht Spielen: Halit Yilmaz macht in seiner ersten kompletten Saison beim FC Pipinsried in der Regionalliga Bayern mächtig Eindruck. Der erst 18 Jahre alte Offensivspieler war im Winter von der U 19 des FC Augsburg zum Dorfklub gewechselt. Im BFV.de-Interview spricht der Torjäger über die Gründe für den guten Lauf.
Sieben Tore nach den ersten acht Begegnungen: Müssen Sie sich ab und zu mal kneifen, Herr Yilmaz?
Halit Yilmaz: Momentan auf jeden Fall. Es ist beeindruckend, wie sich die Mannschaft in den zurückliegenden Wochen entwickelt hat. Dass ich selbst so viele Tore erzielt habe, liegt vor allem daran, dass wir alle an einem Strang ziehen und wir trotz unserer drei Niederlagen zum Saisonstart zu keinem Zeitpunkt die Köpfe haben hängen lassen.
Wundern Sie sich auch, wie schnell es manchmal gehen kann?
Yilmaz: So ist Fußball nun einmal. Zu Beginn haben uns einige Leute bereits als Absteiger Nummer eins abgeschrieben. Mittlerweile haben dieselben Menschen ihre Meinung über uns geändert und sich sogar für einige Sprüche entschuldigt. Für uns Spieler war es nicht immer leicht, mit solchen Aussagen konfrontiert zu werden. Dennoch haben wir immer versucht, die negativen Schlagzeilen nicht an uns herankommen zu lassen.
Der FC Pipinsried war mit drei Niederlagen in die Saison gestartet und aus dem Toto-Pokal ausgeschieden. Jetzt steht nach dem 9. Spieltag Platz fünf zu Buche. Was hat die Wende eingeläutet?
Yilmaz: Ein großer Faktor für den Erfolg ist unser Trainer Nikola Jelisic. In der Sommerpause sind viele neue Spieler zu uns gestoßen. Er hat es gemeinsam mit seinem Trainerteam geschafft, aus uns eine Einheit zu formen. Es beeindruckt mich, welche Bindung er zu den Spielern aufbaut. Da er selbst erst 27 Jahre jung und als Spielertrainer aktiv ist, kann er sich aber auch besser in jeden Einzelnen von uns hineinversetzen.
Was ist mit dem FC Pipinsried in dieser Saison möglich?
Yilmaz: Ich glaube, dass wir für eine größere Überraschung sorgen können. Unsere Leistungen in den vergangenen Wochen haben gezeigt, dass ein einstelliger Tabellenplatz durchaus im Bereich des Möglichen ist.
Sie haben nicht nur in Bayern, sondern auch bundesweit in der vierthöchsten deutschen Spielklasse aktuell die meisten Treffer erzielt. Welche Bedeutung hat diese Momentaufnahme für Sie?
Yilmaz: Es ist vor allem eine Belohnung für die gesamte Mannschaft. Ich stelle mich als Spieler in den Dienst des Teams. Mir persönlich haben die Tore enorm viel Selbstvertrauen gegeben. Ich bin stolz darauf, der Mannschaft mit meinen Toren geholfen zu haben. Besonders mein Treffer gegen die zweite Mannschaft des 1. FC Nürnberg, als ich in der zweiten Halbzeit den Siegtreffer markiert habe und wir dadurch den zweiten Saisonsieg nachlegen konnten, war ein sehr emotionaler Moment.
Gibt es eine Torquote, die sie sich vorgenommen haben?
Yilmaz: Ich bin eigentlich kein klassischer Torjäger. Als Zehner messe ich meine Leistungen deshalb auch nicht nur anhand der erzielten Treffer. Vielmehr zählen für mich auch Torvorlagen. Von daher war es vor der Saison mein Ziel, zwischen zehn und 20 Scorerpunkte zu sammeln. Da bin ich derzeit auf einem guten Weg. Ich muss aber auch gestehen, dass ich zuvor in der Jugend nicht so wirklich den Zug zum Tor hatte. Unser Trainer Nikola Jelisic und auch sein spielender Assistent Pablo Pigl haben mir in den vergangenen Monaten aber dabei geholfen, mich in diesem Bereich weiterzuentwickeln.
Als was für einen Spielertypen würden Sie sich denn beschreiben?
Yilmaz: Ich würde von mir behaupten, dass ich technisch ganz gut aufgestellt bin. In Kombination mit meiner Schnelligkeit, wegen der ich flexibel auch auf den Außenpositionen eingesetzt werden kann, bin ich in der Lage, den einen oder anderen Gegenspieler auszutanzen. Vielleicht ist es mein großer Vorteil, dass einige meiner Gegenspieler nicht ganz so beweglich sind wie ich. Mein Vorbild ist zwar Cristiano Ronaldo. Als Spielertypen würde ich mich aber eher mit Philippe Coutinho vergleichen. Schon als Kind habe ich immer versucht, mir so viel wie möglich von den beiden abzuschauen.
Ausgebildet wurden Sie im Nachwuchsleistungszentrum des FC Augsburg. Der FC Pipinsried ist Ihre erste Station im Seniorenfußball. Warum war Ihre Entscheidung auf den Verein gefallen?
Yilmaz: Es war von meiner Seite aus eine bewusste Entscheidung, einen Tapetenwechsel anzustreben. Nach so vielen Jahren im Nachwuchsleistungszentrum eines Bundesligisten war mir wichtig, zu einem familiär geführten Verein zu wechseln. Der FC Pipinsried hat mir diese Möglichkeit geboten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich vor allem der damalige Trainer Andreas Pummer, zu dem ich auch heute noch einen sehr guten Draht habe, stark um mich bemüht.
Welche Unterschiede sind Ihnen zwischen dem FC Augsburg und dem FC Pipinsried aufgefallen?
Yilmaz: Wie ich es schon erwähnt hatte, geht es bei einem Dorfverein wie dem FC Pipinsried deutlich familiärer zu als beim Nachwuchs eines Bundesligisten. Umgekehrt sind die Voraussetzungen beim FC Augsburg deutlich besser und professioneller. Aber auch der Fußball an sich unterscheidet sich enorm. In der Jugend sind die Spiele an sich und vor allem die Resultate gar nicht so wichtig. Es wird mehr Wert auf die individuelle Entwicklung gelegt. Im Seniorenbereich stehen dagegen die Ergebnisse im Vordergrund. Mir persönlich kommt auch der offene Austausch zwischen Trainern und Spielern entgegen. Deswegen liegt mir der Männerfußball auch scheinbar deutlich mehr.
Sie stehen noch ganz am Anfang Ihrer Laufbahn. Wie weit können Sie es schaffen?
Yilmaz: Mein Ziel ist es, erst einmal diese Saison erfolgreich abzuschließen und in naher Zukunft den nächsten Schritt in meiner Karriere zu gehen. In den kommenden Jahren möchte ich unter professionellen Bedingungen arbeiten. Das ist allerdings nicht meine Baustelle. Mein Vater Hidayet weiß, was für mich das Beste ist. Er kümmert sich um alles.
Sie werden am Freitag 19 Jahre. Haben Sie für die Begegnung am folgenden Tag beim Aufsteiger DJK Vilzing einen Wunsch?
Yilmaz: Ich will mir gar nichts für mich persönlich wünschen. Einen möglichen Sieg würde ich vielmehr dem Trainerteam widmen. Nachdem unter anderem unser Trainer Nikola Jelisic wegen der Niederlagenserie zu Beginn der Saison schon stark kritisiert wurde, hat er sich jetzt einen solchen Positivlauf aufgrund seiner hervorragenden Arbeit verdient.
Worauf wird es in dieser Begegnung ankommen, um den nächsten Dreier einzufahren?
Yilmaz: Wir müssen vor allem den Kampf annehmen. Vilzing spielt als Aufsteiger eine hervorragende Rolle. Es ist deutlich erkennbar, dass die Mannschaft schon seit mehreren Jahren in dieser Formation zusammenspielt. Die Jungs verstehen sich schon fast blind auf dem Platz. Wichtig wird sein, dass wir ihnen mit Ruhe und Gelassenheit gegenübertreten. Den Schwung aus den vergangenen Spielen wollen wir mitnehmen. Dann ist auch ein weiterer Sieg möglich.
BFV-Interview: Filippos Kounelis/MSPW