Was für eine Achterbahnfahrt! In der Bayernliga Nord startete der SV Fortuna Regensburg zu Saisonbeginn mit vier Niederlagen, leitete dann mit drei Unentschieden die Wende ein, um zuletzt mit einer Serie von acht Siegen in Folge (bei 31:3) bis in die Spitzengruppe durchzustarten. Der neue Trainer Arber Morina (37) ist seit Saisonbeginn im Amt, wurde Nachfolger seines Schwiegervaters Helmut Zeiml.
Im BFV.de-Interview spricht der selbstständige Versicherungsmakler Arber Morina über seine neue Aufgabe, den guten Lauf und unvergessene Relegationsspiele.
BFV.de: Ihr Team hat gerade den bisherigen Spitzenreiter ATSV Erlangen 5:0 aus dem Stadion gefegt. Wie sahen die Feierlichkeiten nach dem Sturz des Tabellenführers aus, Herr Morina?
Arber Morina: Wir haben momentan einen Lauf, worüber wir alle sehr happy sind. Nach unserem missglückten Saisonstart sah es noch ganz anders aus. Ich bin froh, dass wir uns stabilisiert haben und die Mannschaft sich so gut gefunden hat. Die Stimmung ist prächtig und man bleibt nach dem Spiel gerne noch mit den Fans für ein oder zwei Stunden länger im Vereinsheim sitzen. (lacht) Momentan genießen wir solche Momente.
Dabei hatte die Fortuna den Klassenverbleib vor wenigen Monaten erst in den dramatischen Relegationsspielen gegen den TSV 1880 Wasserburg und den VfR Garching geschafft. Mit welchen Erinnerungen blicken Sie noch auf diese Partien?
Morina: Das war super emotional, der pure Wahnsinn und ein absolutes Drama. Zuerst hatten wir Wasserburg nach einer 1:3-Niederlage im Hinspiel zu Hause 6:2 nach Verlängerung besiegt. Dabei lagen wir auch im Rückspiel bereits 0:2 zurück und benötigten in der zweiten Halbzeit noch vier Treffer, um überhaupt in die Verlängerung zu kommen. Kurz vor dem vierten Treffer vergaben wir in der Nachspielzeit auch noch einen Elfmeter. Eine Woche später ist uns im Finale gegen den VfR Garching noch etwas Verrückteres passiert. Das Hinspiel hatten wir zu Hause 4:1 gewonnen und unseren Bus für das Rückspiel mit jeder Menge Bier bepackt. Dann lagen wir völlig unerwartet 1:4 hinten und mussten wieder zittern. Nur durch den zweiten Treffer von Fabian Ziegler zum 2:4 blieben wir drin. Wenn man so durch eine Relegation durchkommt, dann grenzt das schon an ein Wunder. Die Emotionen waren danach überwältigend, es war wie in einem Rausch.
Im Sommer hatten Sie das Team von Ihrem Schwiegervater Helmut Zeiml übernommen und keinen guten Start in die Saison hingelegt. Was waren die Gründe?
Morina: Ich musste mit elf Zu- und acht Abgängen eine neue Mannschaft formen, wollte meine eigenen Vorstellungen einbringen. Wir sind dann mit vier Niederlagen in die Saison gestartet, nichts wollte klappen. Grundsätzlich bin ich für konstruktive Kritik immer dankbar, war zu Saisonbeginn vielleicht etwas zu dickköpfig und hatte schon Schlimmeres befürchtet.
Was denn?
Morina: In der Saison davor sind wir sogar mit neun Niederlagen gestartet, konnten erst am 10 Spieltag unseren ersten Dreier feiern.
Wollten Sie schon hinschmeißen?
Morina: Ich hatte tatsächlich kurzzeitig an meinen Fähigkeiten gezweifelt. Aber mein Schwiegervater Helmut Zeiml, der jetzt als Sportlicher Leiter tätig ist, hatte mich immer aufgemuntert und moralisch unterstützt.
Wie schwer war es, in die Fußstapfen eines Mannes zu treten, der im Verein Legendenstatus genießt?
Morina: Ohne meinen Schwiegervater würde es den Verein in seiner jetzigen Form nicht geben. Ich hatte interimsweise in der Bezirksoberliga meine ersten Schritte als Spielertrainer gemacht. Nach dem Aufstieg in die Landesliga hatte Helmut Zeiml zwölf Jahre lang die Geschicke geleitet und den Verein in die Bayernliga geführt. Als Transport-Unternehmer unterstützt er den Klub nicht nur finanziell, sondern auch beim Tribünen- und Kabinenbau hat er viele Projekte angeschoben. Auch beim aktuellen Umbau des Verkaufsstandes ist Helmut wieder einmal maßgeblich daran beteiligt.
Mittlerweile hat Ihre Mannschaft acht Spiele in Folge gewonnen, eilt von Sieg zu Sieg. Wie haben Sie es geschafft, das Ruder herumzureißen?
Morina: Am 6. Spieltag bin ich beim Spiel gegen den TSV Karlburg völlig ausgeflippt. Wir lagen zur Halbzeit 0:2 zurück und in der Kabine wurde es richtig laut. Ich hatte niemals gedacht, dass ich jemals so ausrasten kann. Am Ende spielten wir 3:3 gespielt und holten nur zwei Tage später mit dem 2:2 gegen Titelaspiranten SC Eltersdorf ebenfalls einen Punkt.
Welchen Stellenwert hatte der sensationelle 5:2-Erfolg im Verbandspokal gegen den Regionalligisten SpVgg Bayreuth für diese Entwicklung?
Morina: Der Knoten ist gegen die SpVgg Bayreuth geplatzt. Danach ging es für uns steil bergauf. Die Jungs hatten sämtliche Vorgaben perfekt umgesetzt und bewiesen, dass sie mithalten können. Seitdem geht die Mannschaft mit einer ganz anderen Überzeugung und Selbstvertrauen in die Partien.
Warum konnten Sie dieses Kunststück im Achtelfinale gegen den FC Eintracht Bamberg nicht wiederholen?
Morina: Wir hatten beim 0:3 keinen guten Tag, konnten nicht an die Bayreuther Leistung anknüpfen. Dennoch haben wir viele positive Dinge genommen, weil wir gegen einen klassenhöheren Gegner erneut lange sehr gut mithalten konnten.
Sie werden beim SV Fortuna noch als Spielertrainer geführt. Werden Sie noch einmal selbst auflaufen?
Morina: Das ist nicht geplant. Am letzten regulären Spieltag der Saison 2023/2024 hatte ich mich mit dem 1:0 gegen den SC Eltersdorf als Spieler verabschiedet. In den Relegationspartien gegen Wasserburg und Garching saß ich nur noch als absolute Notlösung auf der Ersatzbank.
In Ihrer Mannschaft steht auch Ihr jüngerer Bruder Arlind. Wie schwierig ist es, den eigenen Bruder auf die Ersatzbank zu setzen?
Morina: Ganz ehrlich: Für mich ist das persönlich eine absolute Katastrophe. Meine Eltern, die direkt gegenüber vom Sportplatz wohnen, sind immer traurig, wenn ich Arlind nicht in die Startelf stelle. Wer will das schon? (lacht) Aber am Ende muss ich im Sinne des Vereins und der Mannschaft die richtige Entscheidung treffen.
Durch die Siegesserie hat sich Ihr Team bis auf den fünften Tabellenplatz vorgearbeitet. Greift der SV Fortuna Regensburg jetzt ganz oben an?
Morina: Uns trennen von den Abstiegsrelegationsplätzen gerade einmal elf Punkte. Die Liga ist extrem ausgeglichen, an jedem Wochenende gibt es Überraschungen. Trotz unserer starken Serie richte ich den Blick in der Tabelle nach unten, will so schnell wie möglich in ein ruhiges Fahrwasser kommen. Erst wenn wir komplett abgesichert sind, können wir neue Ziele formulieren. Durch die Erlebnisse in der Relegation können wir gut mit Rückschlägen umgehen, haben Comeback-Qualitäten, die uns zusammenschweißen.
Mit 43 Treffern ist die Fortuna das mit Abstand torgefährlichste Team. Was zeichnet die Mannschaft ganz besonders aus?
Morina: Wir sind ein eingeschworener Haufen. Mit Fabian Ziegler, Jason Sarajlic und Lukas da Silva Freundorfer habe ich drei Stürmer, die zusammen bereits 25 Tore erzielt haben. Jeder gönnt dem anderen den Erfolg und davon profitiert die ganze Mannschaft. Alle ziehen an einem Strang und arbeiten auch nach hinten sehr gut mit.
Wie muss Ihre Mannschaft auftreten, damit die Serie weiter hält?
Morina: Wir müssen weiterhin hungrig, gierig und leidenschaftlich bleiben. Wenn wir diese Tugenden immer wieder auf den Platz bringen, bin ich guter Dinge.
Wie schwierig ist es für die Fortuna grundsätzlich, sich in der Nachbarschaft des Zweitligisten SSV Jahn Regensburg zu behaupten?
Morina: Ich selbst habe in der Jugend für den SSV Jahn gespielt, dort aber nicht den Sprung in den Profibereich geschafft. Im Gegensatz zum Jahn sind wir ein absoluter Amateurverein. Für uns ist es extrem schwierig, Sponsoren und Spieler für die Bayernliga zu begeistern. Der Jahn kann sich der Unterstützung der Stadt sicher sein, dort sind ganz andere Kräfte am Werk. Wir hoffen nun, dass auch wir von der Stadt Regensburg mehr wahrgenommen werden, damit wir diese wunderschöne Stadt auch so nachhaltig wie der Jahn repräsentieren können.
BFV-Interview: Peter Haidinger/MSPW
Pl. | Verein | Sp. | G | U | V | Torv. | Tordiff. | Pkt. |
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1. | ATSV Erlangen | 23 | 14 | 6 | 3 | 34:23 | 11 | 48 |
2. | SC Eltersdorf | 22 | 13 | 7 | 2 | 38:16 | 22 | 46 |
3. | FC Ingolstadt 04 II | 23 | 14 | 4 | 5 | 44:34 | 10 | 46 |
4. | VfB Eichstätt | 21 | 13 | 4 | 4 | 42:23 | 19 | 43 |
5. | ASV Cham | 23 | 9 | 7 | 7 | 42:33 | 9 | 34 |
6. | SpVgg SV Weiden | 23 | 9 | 6 | 8 | 32:26 | 6 | 33 |
7. | ASV Neumarkt | 23 | 10 | 3 | 10 | 27:30 | -3 | 33 |
8. | TSV Abtswind | 23 | 9 | 5 | 9 | 35:33 | 2 | 32 |
9. | TSV Neudrossenfeld | 22 | 8 | 7 | 7 | 32:33 | -1 | 31 |
10. | Würzburger FV 04 | 23 | 8 | 7 | 8 | 35:41 | -6 | 31 |
11. | SV Fortuna Regensburg | 22 | 8 | 6 | 8 | 51:37 | 14 | 30 |
12. | TSV Kornburg | 23 | 8 | 6 | 9 | 37:37 | 0 | 30 |
13. | DJK Gebenbach | 22 | 6 | 8 | 8 | 34:40 | -6 | 26 |
14. | DJK Ammerthal | 23 | 6 | 7 | 10 | 28:32 | -4 | 25 |
15. | SSV Jahn Regensburg II (U21) | 23 | 4 | 9 | 10 | 32:38 | -6 | 21 |
16. | SpVgg Bayern Hof | 23 | 5 | 6 | 12 | 26:33 | -7 | 21 |
17. | FC Eintracht Münchberg | 22 | 4 | 4 | 14 | 20:49 | -29 | 16 |
18. | TSV Karlburg | 22 | 2 | 4 | 16 | 24:55 | -31 | 10 |