„Frauenpower aus dem Holzwinkel“, schießt es mir durch den Kopf, als mir Sabrina Hüttmann gegenübersitzt. Wir gehören nämlich beide den Nachbarvereinen Welden und Heretsried aus besagtem waldreichem Landstrich an. Es nötigt mir auch Respekt ab, dass die schwäbische Multifunktionärin und Fachfrau auf vielen Gebieten des Fußballs, Sabrina Hüttmann, bereits im Alter von 28 Funktionärin im BFV wurde, ich ging diesen Schritt erst mit 37. Trotzdem eines Altersunterschieds von nahezu 30 Jahren sitzen wir einträchtig wie „alte“ Freundinnen in meinem Wohnzimmer und tauschen unsere Erfahrungen aus.
Sabrina Hüttmann kommt ursprünglich aus Villenbach, einer kleinen Gemeinde an der Grenze der Fußballkreise Donau und Augsburg in der Nähe der Stadt Wertingen. Sie kickte 1995 mit 11 Jahren bereits bei den Mädchen des VfL Zusamaltheim und ihr damaliger Trainer war niemand anders als Johann Wagner, unser späterer schwäbischer Bezirksvorsitzender! Tja, da kann ja nichts anderes herauskommen als ein Fußballfunktionär! Drei Jahre später - sie spielte schon als Jüngste im Team der Frauen-Hobbymannschaft Villenbach - zog sie sich beim Schulsport einen schwerwiegenden Beinbruch zu. Bald darauf wurde deswegen klar, dass ihre aktive Laufbahn beendet war noch bevor sie richtig begonnen hatte. Doch der quirlige Teenager ließ sich nicht beirren. Mit 15 Jahren legte unsere kürzlich vom Bezirksausschuss einstimmig gewählte stellvertretende schwäbische Bezirksvorsitzende die Schiedsrichterprüfung ab und unterstützte bald in ihrer Heimatgruppe den Ausschuss bei der Herausgabe einer Schiedsrichterzeitung, der Pflege der Website und im Lehrwesen. „Da hing schon viel Herzblut dran!“ ist Sabrinas heutiges Bekenntnis zu ihrer Arbeit für die Schiedsrichtergruppe Donau.
2012 war es dann soweit. Sabrina Hüttmann wurde als Frauenbeauftragte in den Bezirks-Schiedsrichterausschuss berufen und wechselte damit in das Funktionärslager. Im Februar 2014 wählten die Vertreter der Schiedsrichtergruppe Donau sie zur Obfrau. Neben ihren Aufgaben in der Gruppenführung teilte sie Spiele ein, übernahm die Kasse und betreute den Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Dass die ausgebildete Informatikerin sich außer der Schiedsrichterei noch für andere Arbeitsgebiete innerhalb des BFV empfahl, lag nicht nur am Beruf, sondern vor allem am Interesse und dem Faible für den Fußball. 2018 wurde Sabrina „BOB“ (Bezirks-Onlinebeauftragte) und als im April 2019 der Frauenbereich des Kreises Donau ohne Leitung dastand, fand sie sich in der Rolle der KBFM (Kreisbeauftragte für den Frauen- und Mädchenfußball) wieder. Beim Bezirkstag 2022 wurde sie bestätigt als Vorsitzende des BFMA (Bezirks-Frauen- und Mädchenausschuss/seit 2020) und hat auch weiterhin ihr Amt als BOB inne.
Ich persönlich habe den Eindruck, dass seit der „Ägide Hüttmann“ unser schwäbischer Frauen- und Mädchenbereich in ruhigen Gewässern segelt und meine Meinung wird mir bestätigt, als ich nach der derzeitigen Situation im BFMA frage. Sabrina berichtet, dass wieder alle Posten besetzt sind und auf der kürzlich abgelaufenen Mitarbeitertagung ein gutes Miteinander und deswegen auch ein schönes und effizientes Arbeiten spürbar war. Jetzt, wo man nach dem durch die Pandemie ausgelösten Katastrophenfall endlich wieder Fußball spielen kann, liegen die Schwerpunkte der Arbeit auf dem Erhalt und der Neugewinnung von Spielerinnen und Mannschaften. „Unser Ziel ist es, das Bewusstsein der Vereine dafür zu schärfen, dass es nur zusammen geht!“, so der leidenschaftliche Kommentar der Streiterin für den Frauen- und Mädchenfußball. Zusammen, das heißt, Vereine untereinander und mit dem Verband im Schulterschluss für den Fußball. Angepackt hat das „Team Zukunft“ im BFMA das Ganze schon, an Ideen fehlt es nicht und auch die Vereine sind mit im Boot. So gab es 2022 so viele Interessenten für den Tag des Mädchenfußballs wie noch nie. Pro Kreis sind jetzt zwei Veranstaltungen geplant und im Allgäu läuft nach der erfolgreichen Aktion „Dorfkick“ in Thalhofen gerade eine Neuauflage an mit dem Ziel der Reaktivierung des Spielbetriebs.
Auch hinsichtlich des BOB-Auftrags hat die jetzt 37-Jährige sich engagiert gezeigt. Neben den originären Aufgaben wie Team-App, Widgets oder Infoblöcken auf Spielgruppentagungen standen die Ansetzung von Online-Meetings, die Betreuung des Wahl-Tools bei den Schiedsrichtern und Webinare auf dem Programm.
Je tiefer wir in die Materie vordringen, desto klarer wird bei mir der Eindruck, dass wir zwei Temperamentsbündel auch in die gleiche Richtung ticken. So ist es Wasser auf meine Mühlen, wenn Sabrina darauf hinweist, dass das Ende der Kontaktbeschränkungen für sie hinsichtlich der Kooperation mit den Verbandsmitarbeitern in München sehr wertvoll war: „Es ist einfach etwas anderes, wenn man vor Ort und persönlich miteinander sprechen kann. Der Kontakt über eine Computersitzung kann das nicht ersetzen!“ … Und das von einer Informatikerin, das ist mal ein cooles Statement!
Das gilt natürlich auch für die Zusammenarbeit mit den Vereinen. Die Spielleiterin spricht hier von einer guten Kooperation im gemeinsamen Bemühen um den Frauen- und Mädchenfußball. „Und wenn sich aufgrund der Materie manchmal problematische Situationen ergeben, muss sich einfach die gegenseitige Wertschätzung bewähren,“ fügt sie noch an. Außerdem helfen ihr bei der Arbeit - ob es jetzt um die Lösung verzwickter Aufgaben oder die tägliche Arbeit wie zum Beispiel die Erstellung von Spielplänen angeht – die guten Kontakte zu anderen schwäbischen Funktionären im Spielleiterbereich, in der Jugend und bei den Schiedsrichtern.
So hat sich Sabrina auch über die Wahl zur stellvertretenden Bezirksvorsitzenden sehr gefreut. Sie kann nun durch den guten Informationsfluss zum Bezirksvorsitzenden, Dr. Christoph Kern, und die Vernetzung mit dem Bezirksausschuss „über den eigenen Tellerrand“ blicken und sich weiterentwickeln. Ich selbst sehe noch einen anderen Gesichtspunkt: Der Bezirk Schwaben hat zum ersten Mal eine Frau als stellvertretende Bezirksvorsitzende und das steht uns gut zu Gesicht. Die Betroffene sieht’s pragmatischer: Egal in welchem Gremium, es ist immer vorteilhaft, wenn der Blickwinkel sich erweitert, egal ob durch Männer und Frauen, Jung und Alt oder Vertreter aus Stadt und Land, der Input wird reichhaltiger!“
Nur ein den Frauen augenzwinkernd zugeschriebenes Attribut wird sich wohl so schnell nicht ändern und trifft auch – Frauenpower hin oder her – auf die „Mädels“ aus dem Holzwinkel zu: Wir haben uns „verratscht“! Es eilt schon, als Sabrina sich von mir verabschiedet. Sie fährt zum Frauen-Pokalfinale im Kreis Donau, Binswangen spielt in Ederheim gegen Wechingen. Es ist ihr letzter Auftritt als KBFM in ihrer alten Heimat, dem Kreis Donau. Man merkt ihr an, dass sie sich darauf freut und dass ihr dieser Termin noch einmal ein inneres Anliegen ist. Sie kommentiert ihn nämlich mit strahlenden Augen und einem Lächeln auf den Lippen: „Mein’s nochmal!“