Taktik, Theorie, Training, Teamführung: An der Sportschule Oberhaching ist der erste Sonderlehrgang des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) zum Erreichen der Trainer-B-Lizenz mit der offiziellen Zertifikatsübergabe zu Ende gegangen. 23 noch aktive und ehemalige Profis – darunter mit Jérôme Boateng auch ein Weltmeister von 2014 – haben ihre Ausbildung unter der Leitung der Verbandstrainer Steffen Winter (Leiter Ausbildung), Robert Heringlehner, Philipp Ropers, Lars Schulz sowie Daniel Bierofka absolviert und die Prüfung bestanden.
„Es war eine echt harte Zeit“, sagte der 33-jährige Simon Skarlatidis von der SpVgg Unterhaching im Rückblick auf die zehnwöchige Ausbildung: „Neben dem Alltag im Verein noch den Trainerschein zu machen, war schon eine Herausforderung. Da gab’s bei mir die eine oder andere Nachtschicht. Umso wichtiger war es, dass der BFV hier auch bewusst Rücksicht auf unsere Abläufe im Verein genommen hat. Es war spannend, mal die andere Seite zu sehen – als Trainer kommt es auf ganz andere Dinge an.“ Hachings Mittelfeldspieler ist neben Fabian Scherger und Manuel Stiefler einer von insgesamt drei Akteuren der Münchner Vorstädter aus der 3. Liga, die sich jetzt B-Lizenz-Inhaber nennen dürfen.
Das kann jetzt auch Weltmeister Jérôme Boateng, der aktuell in Diensten des österreichischen Bundesligisten Linzer ASK steht und vor der Prüfung „natürlich noch etwas aufgeregt war. Jetzt ist es ein tolles Gefühl, ich bin erleichtert und auch ein Stück weit stolz“. Der 36-Jährige weiter: „Wir haben beim Bayerischen Fußball-Verband tolle Ausbilder kennenlernen dürfen, die unterschiedliche Ansatzpunkte haben. Das hat mich letztlich bestärkt, weiterzumachen und meine eigene Philosophie zu entwickeln. Wo der Weg hingeht, werden wir sehen. Noch spiele ich ja!“
Für Verbandstrainer Steffen Winter und sein Team des BFV war der Sonderlehrgang eine nicht alltägliche Sache, die Ausbildung wurde stark individualisiert. „Wir wissen, dass diese Spieler von ihren Trainerinnen oder Trainern zuhause abhängig sind. Entsprechend sind wir darauf auch maximal eingegangen. Wir haben über das Normalmaß hinaus nochmal mehr Inhalte von jedem Einzelnen eingefordert, weil wir eben wussten, dass der ein oder andere vielleicht nicht immer da sein kann“, betont Winter: „Am Ende freut es uns, dass wir mit unserer Qualität etwas zurückgeben konnten und wir uns ein Stück weit auch auf Augenhöhe bewegen mit Spielern, die mit Fußball Geld verdienen – so, wie wir das im Grunde ja auch machen.“
Vom TSV 1860 München waren mit Patrick Hobsch, Leroy Kwadwo, Max Reinthaler, Morris Schröter, Fabian Schubert, Jesper Verlaat und René Vollath gleich sieben Akteure dabei, damit stellten die Löwen die größte Fraktion bei der BFV-Premiere des Sonderlehrgangs vor den Toren der Landeshauptstadt.
„Die Erleichterung ist schon groß, jetzt auch bestanden zu haben“, sagte Verlaat mit seinem Zertifikat in der Hand und einem Strahlen im Gesicht: „Der Perspektivwechsel vom Spieler hin zum Trainer ist schon gewaltig. Wir haben hier von den BFV-Trainern sehr viel mitbekommen, um Inhalte gezielt vermitteln zu können, wie beispielsweise Trainingsplanung und -steuerung aussehen sollten, was zu priorisieren ist und worauf es am Ende wirklich alles ankommt.“
Christopher Schindler vom 1. FC Nürnberg, der seine aktive Karriere bereits beendet hat und seither im Nachwuchsleistungszentrum beim Club arbeitet, weiß, dass der Lehrgang „Arbeit war, die mit viel Aufwand verbunden gewesen ist. Wir sind natürlich dankbar, dass es eine Ausbildung war, die auch auf die Spieler – vor allem die, die jetzt noch aktiv spielen – zugeschnitten war.“
Der 34-Jährige selbst hat noch keine fixen Pläne für die Karriere nach der Karriere: „Ich bin sehr froh, dass ich hier den ersten Schritt gehen konnte und dass mir die Möglichkeit dazu vom BFV eröffnet worden ist. Wie es dann im Detail weitergeht, weiß ich noch nicht. Im NLZ bin ich zurzeit bei der U15. Es macht mir riesig Spaß, die Jungs mit zu entwickeln, mit ihnen sozusagen ein Teil ihres Weges zu gehen.“ Jetzt dann auch offiziell mit der B-Lizenz in der Tasche.