Den bayerischen Amateurfußballfans ist Gressel nicht zuletzt aus der Saison 2012/13 ein Begriff. Denn da kickte er für den FC Eintracht Bamberg in der damals neu gegründeten Regionalliga Bayern. 32 Spiele, ein Tor (beim 5:1 gegen den FC Memmingen, Video unten) – so seine Bilanz am Saisonende. Es war zugleich seine letzte komplette Spielzeit auf bayerischem Boden. Denn nur zwei Monate nach seiner Rückkehr zum TSV Neustadt/Aisch ging es für Gressel zum Studium über den „großen Teich“. Und die Fußballschuhe schnürte er fortan für die Providence Friars (College-Team). In den folgenden Jahren spielte er sich dort in den Fokus der amerikanischen Topteams aus Profiliga Major League Soccer (MLS). 2017 folgte der „Draft“ und damit der Wechsel nach Atlanta (MLS-Meister 2018), 2020 mit mittlerweile einem geschätzten Marktwert im mittleren siebenstelligen Bereich der Transfer zu D.C. United und im vergangenen Sommer nach Vancouver zu den Whitecaps FC.
Dieses Spiel wird Julian Gressel so schnell nicht vergessen, auch wenn es hierzulande quasi mitten in der Nacht war: Der 29 Jahre alte gebürtige Mittelfranke aus Neustadt an der Aisch gab beim Testspiel der US-Boys in Los Angeles vor 11.500 Zuschauern gegen Serbien (1:2) sein Debüt in der Nationalmannschaft – der US-amerikanischen versteht sich. Seit dem vergangenen Jahr hat der Mittelfeldspieler, der seine fußballerische Ausbildung beim TSV Neustadt/Aisch und dann in Fürth absolvierte, die amerikanische Staatsbürgerschaft. Gegen Serbien stand er gleich in der Startelf und bereitete das zwischenzeitliche 1:0 für die US-Boys durch Brandon Vazquez mit einer präzisen Flanke vor.
Dort spielt der Neu-Nationalspieler gleich mit mehreren Teamkollegen zusammen, die die bayerischen Fußballplätze kennen: Florian Jungwirth durchlief nahezu die komplette Jugend des TSV 1860 München und schaffte dort den Sprung in den Profifußball. Seit zwei Jahren spielt der mittlerweile 33-jährige Gräfelfinger in Vancouver. Stürmer Alessandro Schöpf bringt es durch seine Zeit beim FC Bayern München II sogar auf 63 Einsätze in der Regionalliga Bayern (22 Tore). Er spielt wie Gressel seit dieser Saison für Vancouver. Und am Ende ist für Gressel auch sicher nicht das Schlechteste, dass in Sebastian Berhalter der Sohn von US-Cheftrainer Gregg Berhalter für Vancouver auf Torejagd geht. So dürfte dem US-Teamchef kein gutes Spiel von Gressel entgehen.
Am 29. Januar gibt es beim Testspiel gegen Kolumbien bereits die Chance auf Länderspiel Nummer zwei für Gressel – vielleicht dann ja sogar mit einem Sieg. Sicher ist: Hierzulande werden die meisten schlafen. Anstoß ist um 1.30 Uhr deutscher Zeit in Los Angeles.